Kosmetiksalon

Foto: Solmaz Khorsand

Hautaufheller. Im Kabuler Supermarkt "Finest", wo Expats und reiche Afghanen einkaufen, gibt es ein ganzes Regal davon.

Foto: Solmaz Khorsand

Drei Stunden war ich auf dieser Hochzeit, habe gegessen, mich befragen und begutachten lassen und die Braut habe ich letzten Endes doch nicht gesehen. Wie gesagt, sie war bei der Kosmetikerin. Dieser Besuch kann in Afghanistan bereits als erster Initiationsritus ins Frausein verstanden werden. Nun gilt es sich so eine Einrichtung von innen anzuschauen. Ich gehe zu Frau Farzaneh gleich um die Ecke.

Mit blickdichten grünen Vorhängen schützt die rundliche Dame mit den blond gefärbten Haaren den Eingang vor Männern. Gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrer Schwester arbeitet Farzaneh sieben Tage die Woche, zupft Augenbrauen, schneidet Haare schneidet und bereitet Bräute auf ihren großen Tag vor. Am Wochenende ist sie besonders beschäftigt, fünf Bräute muss sie dann meistens gleichzeitig abfertigen. Zu Beginn steht die Reinigung: lästige Härchen werden mit einem Faden aus dem Gesicht gezogen. In der Regel werden die Augenbrauen erst vor der Hochzeit getrimmt, erst dann gilt das Mädchen als Frau und darf sich auch pflegen.

"Die Mädchen von heute pfeifen auf unsere Bräuche, jetzt beginnen sie sich schon mit 16 als feine Damen herzurichten", kritisiert eine Kundin. Beim Make-Up gibt es drei Abstufungen: afghanisch - iranisch - arabisch. Bedeutet: dezent - Barbie - Kanarienvogel. Afghaninnen mögen es bunt, sehr bunt. Ein Farbe für den Lidschatten reicht nicht ("Ihr Iranerinnen tragt nur einen Lidschatten, wie langweilig ", stöhnt Farzanehs Schwester), es müssen mindestens vier sein. So wie bei der sechzehnjährigen Braut, die vor mir dran ist.

Farzaneh versucht ihre gerade falsche Wimpern aufzukleben, gesprächig ist sie nicht, eher nervös. Ihre ältere Schwester plaudert dafür um so lieber. Mit 14 hat sie geheiratet und die gesamte Prozedur über sich ergehen lassen. Heute ist sie 26 Jahre alt, schaut aus wie 40 und hält ihren jüngsten Spross auf dem Arm."Elia ist der letzte, sechs Kinder sind genug, in ein paar Wochen lass ich mich operieren, dann ist es Schluss mit Kinderkriegen." Ihre Töchter sollen nicht so früh heiraten.

Sie sollen auf die Universität gehen und die Welt sehen. Dass sie selbst wieder zur Schule geht, ist zeitlich nicht möglich, ihrem Mann würde es auch nicht so gefallen, wenn sie die Kinder vernachlässigt. Für einen Tag frei sein, von Mutter- und Frausein in Afghanistan. Einen Tag will sie für sich haben, damit sie mal nach Germany oder England kann. Reisen will sie und eines Tages einen eigenen Laden führen, vielleicht gar ein Kosmetikstudio wie Farzaneh. (Solmaz Khorsand aus Kabul, derStandard.at, 2.8.2010)