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Jörg Haider.

Foto: AP/Punz

In diesen Tagen zerfallen die Österreicher, die noch wissen, wer Jörg Haider war, in zwei Gruppen - in die eine, die so gar nicht überrascht ist, und in die andere, die ungeheuer überrascht tut. Das kommt daher, dass besagter Jörg nicht nur das politische Genie war, als das er jahrelang gefeiert und von Wolfgang Schüssel schließlich engagiert wurde, sondern dass er nun auch als Finanzgenie ein posthumes Coming-out feiert. Für den Untoten vom Bärental gilt selbstverständlich dasselbe, was an allen seinen Wegbegleitern klebt, die Unschuldsvermutung. Daher sei an den Anfang dieser Betrachtungen sein Bekenntnis aus dem Jahre 2003 gestellt: "Ich werde mein Einkommen offenlegen. Da wird dargelegt, dass ich mich als einer der wenigen an die damals festgelegte Einkommensgrenze von 60.000 Schilling halte."

Daraus ergibt sich eindeutig, dass es sich bei Zweifeln an der Kargheit von Haiders Lebensstil nur um eine Schmutzkübelkampagne handeln kann. Eine Annahme, die dadurch gestützt wird, dass keiner, der je mit Jörg Haider zu tun hatte, von seinen Konten in Liechtenstein eine Ahnung hatte oder gar darauf zeichnungsberechtigt war. Sein emeritierter Lebensmensch Stefan Petzner durchschaute für die "Salzburger Nachrichten" sofort die Verschwörung: "Das ist ein Versuch von rot-schwarzen Richtern und Staatsanwälten, Jörg Haider kaputt zu machen und Kärnten zu schaden, das lasse ich nicht zu." Ein Mann nach Berlusconis Geschmack.

Ebenfalls ahnungslos laut "Kleiner Zeitung" Rechnungshofspräsident Josef Moser, einst Berater der FPÖ. Wenn "Österreich" ihn als Mitwisser führe, sei das "absoluter Blödsinn", rechtliche Schritte seien fällig. Erst recht keinen blassen Dunst hat laut "Kurier" der einstige Haider-Vertraute Karl-Heinz Petritz: "Ich weiß nichts von Geheimkonten und bin logischerweise auch nicht zeichnungsberechtigt." Womit diese drei Personen einmal für die Anwartschaft auf einen Platz im mysteriösen Trio der angeblich Zeichnungsberechtigten ausfallen.

Besonders überzeugend dabei Petritz. "Wie soll jemand, der vor lauter Arbeit kaum Zeit zum Essen hatte, so nebenbei nach Vaduz fahren? Haider war nie in Liechtenstein." Dass Haider kaum Zeit zum Essen hatte, zeigt korrekt, wie er sich für Kärnten abgerackert hat. Ausgezehrt, wie er daher war, hätte er die weite Reise ins ferne Vaduz nie und nimmer geschafft. Wer soll da der Reporterin Isabella Daniel von "Österreich" glauben, die behauptet: Ich erreiche Haider zwei Tage nach dem "Aus" der Regierung in Vaduz, Liechtenstein - mit dabei Mikscha. Sie seien nur für ein paar Stunden dort. Vielleicht auf einen raschen Happen.

Diesen Einwand nimmt Petritz laut "Kurier" gelassen. Sollte es sich wider Erwarten herausstellen, dass die Konten existieren, "dann hat es der Jörg wieder einmal geschafft, uns alle zu überraschen." Für jemanden, der es schon geschafft hat, uns alle zu überraschen, indem er sich wider Erwarten besoffen mit dem Auto überschlug, sollte das nicht allzu schwer gewesen sein. Auch Harald Fischl, langjähriger Finanzreferent der Partei kann mit Liechtenstein wenig anfangen. Sollte Haider etwas getan haben, "dann doch nicht so. Dazu war der Jörg doch viel zu intelligent." ("Kleine Zeitung"). Bei so viel Intelligenz war klar, dass auch die Witwe nichts vorfinden konnte. "Ich kann dazu nichts sagen. Es wurde bei der Erbschaft nichts angezeigt." ("Salzburger Nachrichten"). Was ein Vertrauter Haiders - "Profil" nennt bewusst seinen Namen nicht - berichtet, besagt nicht viel. "Gaddafi hat uns vor Wahlkämpfen immer wieder Geld zukommen lassen, und zwar in bar. Das war fest in Plastik eingeschweißt." Das kann gar nicht in Vaduz liegen, weil Haider es an die armen Kärntner verteilt hat.

Nur leicht schwankend steht auch die "Krone" zu ihrem großen Fehler. Viel wird dieser Tage beim Beachvolleyballturnier in Klagenfurt von der Polit-Prominenz gemauschelt, ob der verstorbene Jörg Haider tatsächlich über zig Millionen Euro verfügt haben könnte und woher das Geld wohl stamme. Es gibt aber auch Versionen, wonach an der Geschichte wenig bis gar nichts dran ist, obwohl ja die Staatsanwaltschaft in Vaduz die Existenz der Konten bestätigt haben soll. Es gibt dann auch noch eine hinter vorgehaltener Hand verbreitete Version, dass ehemalige Haider-Mitarbeiter mit solchen Geschichten hausieren gehen, weil sie Geld brauchen. Das heißt nicht von vornherein, dass diese Geschichten erstunken und erlogen sind, hinterlässt aber einen schalen Beigeschmack. Ein Peter Gnam spürt das gleich. (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 3.8.2010)