Moskau - Im Kampf gegen die immer stärkeren Waldbrände in Russland hat die Regierung die Zahl der Soldaten massiv aufgestockt. Mittlerweile sind 10.000 Mann im Einsatz, rund doppelt so viele wie vorher, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch nach Angaben der Agentur Itar-Tass mit. Sie sollen Brandschneisen anlegen und Wasserleitungen bauen. Ein Ende der schlimmsten Naturkatastrophe in Russland seit Jahrzehnten ist nicht in Sicht. Nach Angaben des nationalen Krisenzentrums kamen rund 300 schwere Brände hinzu. Die Zahl der Toten bei den Bränden stieg landesweit nach Behördenangaben auf 48. Hilfsorganisationen rechnen aber mit deutlich mehr Opfern.
Der Flughafen in Nischni Nowgorod etwa 400 Kilometer östlich von Moskau wurde wegen starken Rauchs geschlossen. In der Region liegt auch das Atomforschungszentrum Sarow. Die Lage um die Einrichtung sei weiter kritisch, sagte Vizeverteidigungsminister Dmitri Bulgakow. Die Löschtruppen waren dort am Vortag auf mehr als 2.000 Mann verstärkt worden. Dennoch habe das Feuer auf das nahe liegende Gelände übergegriffen, berichtete die Zeitung "Komsomolskaja Prawda" am Mittwoch. Die Lage ist nach offiziellen Angaben aber unter Kontrolle. Schwere Technik und Löschflugzeuge sollten ein Vordringen der Flammen bis zu den Gebäuden verhindern. Sarow ist wegen des Atomforschungszentrums eine abgeschottete Stadt.
Regierungschef Wladimir Putin reiste unterdessen in die Stadt Woronesch und traf sich dort mit Opfern der Katastrophe sowie Feuerwehrleuten. In der Gegend etwa 600 Kilometer südöstlich von Moskau hatten die Flammen schwere Schäden angerichtet.
Kulturschätze zerstört
Erstmals gab es auch offizielle Berichte über die Zerstörung wertvoller Kulturschätze. In dem Dorf Jewlaschewo im Gebiet Pensa etwa 560 Kilometer südöstlich von Moskau brannte eine russisch- orthodoxe Holzkirche mit Ikonen aus dem 19. Jahrhundert nieder. Die Polizei nahm mutmaßliche Brandstifter fest.
Auch eine Basis der russischen Armee in der Umgebung von Moskau wurde Opfer der Flammen. Medienberichten zufolge wurden Hunderte Lager zerstört. Auf dem Gelände lagern angeblich 65.000 Tonnen Militärtechnik. Nachdem das Verteidigungsministerium tagelang den Brand dementiert hatte, räumte ein Sprecher nun Schäden ein. Allerdings seien nur einige veraltete Fahrzeuge zerstört worden.
In Moskau mit mehr als zehn Millionen Einwohnern verschlimmerte sich die Lage ebenfalls. Der Rauch von den Torfbränden rund um die größte Stadt Europas hüllte die Metropole in dichten Smog. "Wir bereiten uns auf die schlimmste Entwicklung vor", sagte Zivilschutzminister Sergej Schoigu. Die Prognose für die Hauptstadt deute auf weiter steigende Temperaturen bis 40 Grad Celsius und anhaltende Trockenheit hin.
Im Stadtzentrum betrug die Sichtweite am Morgen nur etwa 200 Meter. Wie bei dichtem Nebel war der Verkehr eingeschränkt. In der ganzen Stadt herrschte extremer Brandgeruch. Viele klagten über schwere allergische Beschwerden, Atemnot, Übelkeit und Kopfschmerzen.
Wegen des beißenden Smogs verendeten viele Vögel qualvoll, wie die Zeitung "Komsomolskaja Prawda" berichtete. Vor allem exotische Haustiere wie Papageien und Kakadus starben an geplatzten Blutgefäßen und Kohlenmonoxidvergiftungen. (APA)