Die Anreise nach Strunjan mit dem eigenen Auto ist fast unvermeidlich - die Zugfahrt nach von Wien nach Koper dauert mit rund zehn Stunden Fahrtzeit jedenfalls doppelt so lange. Mittlerweile sind auch Sieben-Tages- oder Monatsvignetten für die slowenischen Autobahnen zu haben - im schönen Hinterland von Strunjan macht sich der eigene Wagen wieder bezahlt. Auf der Halbinsel kann man ihn dennoch stehen lassen. Vor Ort werden Fahrräder vermietet, mit einstündigen lohnenden Spaziergängen ist sowohl Portoroz als auch Piran erreichbar. In der Bucht von Piran verkehrt das das Boot "Solinarka" - Reservierung: www.solinarka.com

Die "Solinarka" schippert in der Bucht von Piran gemütlich von einer Saline zur nächsten - ohne gesalzene Preise.

Foto: Sascha Aumüller

Absolut empfehlenswert sind kurze Touren ins Hinterland - etwa zum Weingut Santomas. Der Edelwinzer hat dort ein architektonisch modernes Weingut errichten lassen - als kühle Burg mit großen Glasfronten -, die ebenso modernen Weine sind bei noch moderaten Preisen das Probieren wert. Der Casmere etwa ist ein ungewöhnlicher, nicht zu herber Rosé aus den namengebenden Sorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Refosk. Wer hier degustiert, sollte jedenfalls auch auf eine Kostprobe der Olivenöle aus der Umgebung vor allem aber auf einen Happen des hervorragenden Prsut bestehen.

www.santomas.si

 

Foto: Santomas

Das Hotel Svoboda mit modernem Thalasso-Zentrum gehört zur Krka-Thermengruppe, die hier auch noch drei andere Häuser betreibt. Nahe genug am Haupthaus zur Benutzung der Wellness- und Therapieangebote liegt etwa die sympathische Villa Park. Sowohl die Zimmer- als auch die Therapiepreise sind noch äußerst moderat - ernsthafte private Kuren sind dort also finanzierbar und von guter Qualität, Wellness-Angebote und Massagen sind ebenfalls vergleichsweise preiswert. In der Hochsaison ist das Haupthaus auch aufgrund der Nähe zum untypischen Strand - eine üppige Wiese - meist ausgebucht.

Foto: Hotel Svoboda

42 Kilometer Strand werden im Wiener Wahlkampf in Form der Donauinsel gerade versprochen. Die nur vier Kilometer längere Küste der slowenischen Riviera ist es aber durchaus wert, auch einmal weiß zu wählen: Mit bestem Meersalz und touristisch nur behutsam nachgesalzen, also noch in blütenweißer Weste vor einer tatsächlich türkisen Adria, präsentiert sich dort der kleinste Ort von dreien auf einer karstigen Halbinsel. Strunjan kennt neben den beiden klingenderen Namen kaum ein Zugereister. Er sucht das schnelle Glück eher im Kasino von Portoroz oder das langsame, beschauliche in den engen Gassen der tadellos venezianischen Kulisse von Piran. Strunjan, mag der gelernte Tourist einwerfen, verfügt ja nicht einmal über einen richtigen Ortskern, geschweige denn über Sehenswürdigkeiten, die ein Motiv für rasch gezückte Schnappschusskameras bieten.

Schon aus diesen Gründen tat Strunjan gut daran, gerade die "weißen Flecken" als Motiv für einen Besuch gewählt zu haben: Das Salz der Stjuza-Lagune, die hier eine natürliche Saline bildet, ist seit mehr als 700 Jahren Lebensgrundlage der Menschen an der nördlichen Adria. Als Gewürz erzielt es heute freilich erst seit kurzem wieder Goldpreise in den Delikatessenläden Pirans. Als wertvoller Rohstoff für eine touristische Auffettung, die zukunftsträchtiger erscheint, haben die kleinen Salzreserven aber bereits eine größere Bedeutung erlangt: Thalassotherapien sind an diesem Abschnitt des Mittelmeers keine Selbstverständlichkeit, in Strunjan sind sie so passend wie venezianische Löwen über den Portalen Piraner Großbürgerhäuser.

Thalasso passt so

Wer sich heute einbildet, Menschen mit dem Meer etwas Gutes tun zu wollen und also ein Thalassozentrum einrichtet, sollte nämlich auf ein paar geografische Gegebenheiten und die passende Infrastruktur zurückgreifen können: Thalassozentren müssen direkt am Meer liegen, was nicht nur dem direkten Kontakt zum "Medikament" geschuldet ist, sondern auch mit der zusätzlichen positiven Wirkung auf die Atemwege zu tun hat. Strunjan versteckt sich zudem in einem 650 Hektar großen Naturschutzgebiet, dessen einzige slowenische Meereslagune für ein besonderes Mikroklima sorgt. Ihr Schwemmland, das eben unter anderem die Salzfelder gebildet hat, ist Lebensraum für 270 Vogelarten - für Rekonvaleszente ist es die wohltuende Ursache für den sehr hohen Salzgehalt in der Luft, der Strunjan auch zum Luftkurort macht.

Dass hier mit frischem, unbehandeltem Meerwasser direkt aus der Bucht behandelt werden kann, ist glasklar der Fall. Die in der Lagu- ne vorkommenden Rankenkrebse, die sich wählerisch bei der Wassergüte der oberen Adria ihre Reviere aussuchen, sind jedenfalls ein guter Indikator für die Qualitäten einer Küste, die nun auch mit der Blauen Flagge ausgezeichnet wurde.

Bliebe also nur noch eine Frage zu klären: Wie werden Thalasso-Geher untergebracht, die direkt im Naturreservat, also mit gehörigem Respektabstand zur hotelbestandenen Strandpromenade von Portoroz, Ruhe suchen? Wohl am besten in einer bestehenden Struktur, die seit Jahrzehnten den sommerfrischelnden Veteranen genauso wie den eiligen Staatsgast mit immergrüner Myrte und Perückensträuchern vom Trubel der Umgebung abschirmt. Der Komplex rund um das Hotel Svoboda war in der Tat schon immer multifunktional: Sein ältestes Gebäude, die Villa Tartini, bleibt bis heute ein Hort der Zahlungskräftigen oder offiziell Eingeladenen, die hübsche Siedlung der Schrebergartenhäuschen vor dem eigentlichen Hotel eine leistbare Alternative für echte Kurgäste und das Svoboda ein Konglomerat aus Reminiszenzen an einen Adriaurlaub in den 1970ern.

Wiewohl frisch renoviert und daher mit dem gebotenen Komfort bestückt, setzt das Svoboda keineswegs auf das uniforme Gesicht einer austauschbaren Wellness-Wunderwelt, sondern auf eine gewachsene Natürlichkeit. Am Buffet mit ehrlicher Hausmannskost trifft die slowenische Großfamilie so schon mal auf den bekanntesten Harley-Davidson-Fan der kleinen Gemeinde: Längst glaubt nämlich auch der Dorfpfarrer im Biker-Shirt an die Segnungen einer Thalassokur und lässt sich hier genauso Gutes tun wie der preisbewusste Oststeirer, der in Strunjan keineswegs auf sein Kernöl verzichten muss - nur kommt dieses eben aus der slowenischen Untersteiermark.

Mediterran mexikanisch

Das Haus konzentriert seine Anstrengungen jedenfalls ganz auf das, was der mediterrane Sonderfall eines überall sonst mitteleuropäisch geprägten Landes wie Slowenien hergibt: Meersalz und Fangopackungen kommen hier auf den Rücken des Mütterchens aus Maribor ebenso wie auf die Visage des Lebemanns aus Ljubljana. Für Zusatzangebote wie die echt mexikanische Combo als abendfüllendes exotisches Unterhaltungsprogramm müssen gar keine krampfhaften Querverbindungen gesucht werden: Das slowenische Salinensalz passt tatsächlich perfekt zum Tequila, und die meisten Gäste finden den Stilbruch, der sich mit asiatischen Wellnesstherapien auch in den Behandlungsräumen fortsetzt, eigentlich ganz gut. Gleich drei Urlaube in den unterschiedlichsten Kulturkreisen kann sich in einem Jahr eh kaum jemand leisten.

Die lokalen Schätze wurden an der slowenischen Adriaküste aber ganz ohne die Hilfe mexikanischer Gastarbeiter gehoben: Anfangs noch eigenhändig markierte Janus, der Fitnesstrainer des Svoboda, die alten Pfade der Säumer auf der Halbinsel. Mittlerweile gibt es für dieses Wandernetz, das Strunjan mit dem vier Kilometer entfernten Portoroz durch einen alten Eisenbahntunnel und mit Piran über einen fünf Kilometer langen herrlichen Küstenweg verbindet, freilich eine gute Karte. Und für diese Bemühungen wiederum gibt es quasi auch eine geografische Verpflichtung: Wandern quer durch Europa beginnt nämlich in Strunjan (oder endet hier) - über den Weitwanderpfad E6, der von hier bis nach Kilpisjärvi in Finnland führt.

Für Thalasso ohne Behandlung - also für ein Bad direkt im Meer - bietet sich der kurze Weg nördlich zur versteckten Modbucht an. Er verläuft durch einen dichten Wald aus Manna-Eschen und Hopfenbuchen bis zu einer markanten Kuppe, die unter Naturheilern als energetisch wertvoll gilt. Anderwertig Sensible werden da oben mit Blick auf Grado vielleicht nur denken: Liebes Strunjan, werd nicht wie deine adriatischen Kollegen, sonst präsentiert dir die Natur doch noch eine gesalzene Rechnung dafür! (Sascha Aumüller/DER STANDARD/Printausgabe/31.07.2010)