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Die immer dichter und aggressiver werdende "Beschallung" mit jungen, superschlanken artifiziellen Körperbildern, schon von klein auf über viele Kommunikationsschienen, erschweren laut ExpertInnen zunehmend ein selbstbewusstes positives Erleben des Körpers.

Foto: REUTERS/Marcelo del Pozo

Die seit über 20 Jahren existierenden Wiener Vorlesungen nutzen die Sommerwochen für eine Österreich-Tour. Am Donnerstag, 5. August laden Debatten-Organisator Hubert Christian Ehalt gemeinsam mit der Wiener Gesundheitsbeauftragten Beate Wimmer-Puchinger und dem Historiker Franz X. Eder nach Gmunden.

"Körperkult und Schönheitswahn zwischen Kontrolle, Korrektur, Normierung, Lifestyle und ...?", so der Titel der Wiener Vorlesung, setzt sich mit den ästhetischen Zumutungen an den menschlichen Körper in der Gegenwart auseinander. Neben den Debatten-Beiträgen wird die Burgschauspielerin Dorothee Hartinger aus "Das Muttermal" von Nathaniel Hawthorne lesen.

"Wahncharakter"

"Schöne, trainierte, gestylte, designte Körper stehen heute im Zentrum der alltäglichen Kultur. Die aktuelle Arbeit an der körperlichen Schönheit ist nicht mehr sekundär, sondern entscheidet mehr denn je über Erfolg in der Arbeitswelt und in allen anderen wichtigen Lebensbereichen. Die Körper müssen nicht nur fit und gesund, sondern nach den ständig nachjustierten Schönheitsidealen 'geshaped' sein. Die Realisierung der neuen Schönheitsgebote haben den Charakter eines Kultes, die Intensität, mit der die Schönheitsziele angestrebt werden, haben Wahncharakter", meint Ehalt.

Bilder werden als Norm verinnerlicht

Ähnliche Skepsis teilt auch Beate Wimmer-Puchinger, die sich speziell mit dem weiblichen Körperideal auseinandersetzt. "Wir verfügen über gesicherte wissenschaftliche Evidenz, dass die immer dichter und aggressiver werdende 'Beschallung' mit jungen, superschlanken artifiziellen Körperbildern, schon von klein auf über viele Kommunikationsschienen, zunehmend ein selbstbewusstes positives Erleben des Körpers erschweren. Der 'perfekte weibliche Körper' - zu siebzig Prozent Darstellungen von Frauen - wird zum Statussymbol. Die virtuellen Bilder werden als Norm verinnerlicht. Gesundheitliche Folgen sind eine Zunahme von Essstörungen, ein Anstieg von Body Dismorphic orders und erhöhte Inanspruchnahme von Schönheits-OPs und Korrekturen."

Alle sozialen Klassen betroffen

Schönheitsideale sind freilich nicht eine Erfindung der Gegenwart. Bereits in der Antike gab es ästhetische Diskussionen über den menschlichen Ideal-Körper. Der Historiker Franz X. Eder meint dazu: "Neu ist allerdings das Ausmaß, in dem der Körper heute ästhetisiert wird und dies nicht nur durch eine gesellschaftliche Elite, sondern alle sozialen Klassen. Konsum und Medien haben Schönheitsideale und Körperimages derart omnipräsent gemacht, dass wir uns ihrer historischen und kulturellen Hintergründe und Bedingungen oft nicht mehr bewusst sind." (red)