Graz - Der steirische FPÖ-Obmann und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Gerhard Kurzmann, lässt einmal mehr mit einem - wohlwollend formuliert - merkwürdigen Geschichtsbild aufhorchen. Im aktuellen "Falter" verteidigt der Nationalratsabgeordnete Kurzmann seine Mitgliedschaft in der Kameradschaft IV, einer Veteranenorganisation der Waffen-SS, mit den Worten: "Es gibt für mich nur Individualschuld, aber keine Kollektivschuld."

Eine Einstufung der Waffen-SS als verbrecherische Organisation, wie sie vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg 1946 vorgenommen wurde, könne er nicht nachvollziehen: "Das war sicher nicht in ihrer Gesamtheit eine verbrecherische Organisation." Die Mitglieder der Waffen-SS seien "ganz normale Soldaten" gewesen "wie andere auch. Weil sie ja am Feld dem Feldkommando unterstellt waren und nicht in Verbindung gebracht werden können mit der NS-Vernichtungsmaschinerie."

"Alle Truppen haben Verbrechen begangen"

Dazu, dass Waffen-SS und Wehrmacht erwiesenermaßen schwere Verbrechen begangen haben, meint Kurzmann: "Alle Truppen haben Verbrechen begangen, auch die Rote Armee. Außerdem hat die Militärgerichtsbarkeit Verbrechen wie etwa Vergewaltigungen ja geahndet."

Deutlichen Widerspruch zu Kurzmanns Sichtweise artikuliert im "Falter" der Grazer Zeithistoriker Eduard Staudinger: Die Verfolgung eigener Kriegsverbrechen sei für das Dritte Reich eben nicht charakteristisch gewesen. "Systematisch verfolgt wurden lediglich Deserteure", sagte Staudinger.

"Ihre Pflicht erfüllt"

Kurzmann, der von Bundesobmann Heinz-Christian Strache als Spitzenkandidat der FPÖ in die steirische Landtagswahl am 26. September geschickt wird, gilt selbst innerhalb der FPÖ als weit rechts. Bereits im Juni dieses Jahres hatte er in einem Interview mit dem STANDARD über die Kameradschaft IV gemeint: "Sie haben als Soldaten in einer sehr schwierigen Zeit ihre Pflicht erfüllt und es nicht verdient, ständig angeschüttet oder vernadert zu werden." (red, derStandard.at, 3.8.2010)