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Google und der US-Geheimdienst CIA haben eine große Gemeinsamkeit: Beide sammeln gerne Daten, die ihnen noch bessere Auskünfte über ihre "Klientel" vermitteln. Jetzt haben beide möglicherweise erstmals gemeinsam in ein Unternehmen investiert, das mittels Netzwerkanalyse und Weblog-Beobachtung die Internetkommunikation in Echtzeit überwachen will. Das erklärte Ziel: Die gewonnen Informationen sollen helfen, die Zukunft vorauszusagen.

Streifzug

Es handelt sich dabei laut Webmagazin Wired um das kleine US-Start-up Recorded Future (aufgezeichnete Zukunft). Das Unternehmen streift durch zehntausende Webseiten, Blogs, Twitter- Konten, Unternehmensdaten, die Webseiten von Regierungen und Finanzmarktdaten. Diese werden anschließend sortiert und strukturiert, um hinter das Beziehungsgeflecht zwischen Leuten, Organisationen, Aktien und Zwischenfällen zu kommen.

Dabei geht Recorded Future nach eigenen Angaben über eine reine Suche hinaus und versucht aus den gewonnenen Erkenntnissen auf künftige Ereignisse zu schließen und Trends abzuleiten, die auch grafisch aufbereitet werden. Die Technik eignet sich beispielsweise zur Konkurrenzbeobachtung oder Markenüberwachung, soll aber eben auch für Geheimdienste nützlich sein, unter anderem zur Vorhersage von Terroranschlägen. Um Ereignisse und Entwicklungen vorherzusagen, müsse man lediglich untersuchen, wer an bestimmten Ereignissen beteiligt war, und wo und wann etwas in der Jetztzeit passiere, behauptet Recorded Future.

"Wir können hier wirklich in Echtzeit Dossiers über beliebige Personen anfertigen"

Das Besondere an der Analysesoftware ist ihre Geschwindigkeit. "Wir können hier wirklich in Echtzeit Dossiers über beliebige Personen anfertigen", sagte Firmenchef Christopher Ahlberg zu Wired. Das ganze soll dann fast so einfach ablaufen wie eine Suchanfrage im Internet. In einem Video auf der Firmenseite www. recordedfuture.com erläutert das Unternehmen, wie leicht etwa eine Terrorismusanalyse funktionieren könnte.

Wie erst jetzt bekanntgeworden ist, sollen Google Ventures und In-Q-Tel, die zum CIA gehörende Investmentfirma, sich bereits 2009 in Recorded Future eingekauft haben. Beide sind im Aufsichtsrat vertreten. Die Höhe der Zahlungen soll unter zehn Millionen Dollar pro Investor gelegen sein.


Tool für Big Brother

Die gemeinsame Investition in die Weborakelfirma erscheint manchen Kritikern insofern brisant, da Google nach den Angriffen aus China vergangenen Winter die Hilfe des Geheimdienstes NSA angefordert hatte. Frank Rieger vom Chaos Computer Club glaubt aber weniger an eine gemeinsame Strategie zwischen den US-Geheimdiensten und dem Internetkonzern. Wie er in einem Interview mit dem Deutschlandradio sagte, sei Google grundsätzlich an allem interessiert, was mit Suche und Informationsauswertung zu tun habe. Für viel bedenklicher erscheint es ihm, dass Recorded Future nach eigenen Aussagen ein Tool anbietet, dass mit ziemlich beliebig großen Datenmengen operieren könne und die daraus interessanten Daten automatisch rausdestillieren könne. Und dies bedeute, "dass die Annahme, dass Big Brother an seinen eigenen Daten ersaufen wird, falsch ist". (kat, DER STANDARD Printausgabe, 4. Juli 2010)