
Für Christian Rainer sind die Hirter-Mädels perfekt verkörperte Emanzipation.
Wenn Christian Rainer, Herausgeber und Chefredakteur des Polit-Magazins "profil", vorfährt in seinem Cabrio, selbigem schwungvoll entsteigt und sich in der Lederhos'n passend zum Thema des TV-Termins präsentiert, bei dem sich alles um sexistische Werbung dreht: Dann dürfen wir ruhig mit Attributen wie "schnittig" und "markig" um uns werfen. Und "sexistisch" streichen und gegen "sexy" tauschen.
Eine lupenreine Vorstellung einer Selbstinszenierung als Bonvivant hat Rainer für einen Beitrag in der gestrigen Ausgabe des ORF-TV-"Report" gegeben. Schnittig! Markig! Sexy! Süffisant! waren seine Anmerkungen zum Thema selbst: Bei einem guten Schluck eines gepflegten Bieres - Hirter, was sonst - an der Budel eines Bierlokals reüssiert er mit Aussagen zum Frauenrecht auf Nacktheit. Auch und gerade in der Öffentlichkeit: Perfekt verkörperte Emanzipation quasi.
Nur FeministInnen verstehen das nicht. FeministInnen sind so begriffsstutzig und stur, dass sie auch nicht erkennen, dass sich die Hirter-Werbung eigentlich an Frauen, die gerne Bier trinken, richtet. Sagen die Verantwortlichen bei Hirter, darunter eine Frau: Die drei Models mit den schönen Haaren sind Identifikationsflächen, die den steigenden Konsumentinnenzahlen bestens gereichen. Wer bitte, auch ihr FeministInnen seid angesprochen!, genießt ihr Biertschi denn nicht am liebsten kokett und frei von Textilien im Beisein gut colorierter Freundinnen und lächelt dabei in die Ferne. Frauen sind eben Freigeister, und am besten können wir das ausdrücken, indem wir uns ausziehen.
Ein/e Schelm/in, wer denkt, Rainer wisse es nicht besser, wenn er Sex(iness) mit Sexismus gleichsetzt. Aber im befreiten Bierwunderland kritische Töne spucken und dazu abnicken, was die uncoolsten Leute überhaupt - ihr FeministInnen seid angesprochen! - sagen, das passt nicht.
Dass es noch weniger cool ist, um milde Provokation bemüht, Anti-Thesen gegen einen vermeintlichen Mainstream in die Welt zu posaunen, erkennen wieder nur die verbohrten FeministInnen. Aber die meinen ja auch, dass Sexismus Mainstream ist, und nicht die Kritik daran. Ein paar von ihnen vergeben weiterhin hartnäckig Zitronen. Die schmecken auch zu so manchem Bier! Prost, Herr Rainer. (bto/dieStandard.at, 4.8.2010)