Wien - "Alternative: keine" - mit dieser Anmerkung ist die Schließung des Wiener Jugendgerichtshofes (JGH) im aktuellen Entwurf zum neuen Jugendgerichtsgesetz versehen. Ähnlich kompromisslos hatte Justizminister Dieter Böhmdorfer (FP) genau vor einem Jahr die Sperrstunde für den 1928 gegründeten JGH eingeläutet - ohne vorherige Gespräche mit Betroffenen oder Experten.

Es folgte eine Welle des Protests seitens der Richter, von Strafrechtlern, Jugendpsychologen und aus Kirchenkreisen. Die ÖVP verhinderte zunächst, die Auflösung noch schnell vor der Nationalratswahl zu beschließen. Daraufhin handelte Böhmdorfer per Erlass: Zur Jahreswende übersiedelte der JGH in das Wiener Landesgericht, JGH-Präsident Udo Jesionek ging nach 21 Jahren an der Spitze in Pension. Nach der Neuauflage der schwarz-blauen Regierung stimmte die ÖVP schließlich dem Aus für den JGH zu.

Eine Million Euro Böhmdorfer rechtfertigt die Auflösung damit, dass nun die Jugendgerichtsbarkeit in ganz Österreich vereinheitlicht wird. So sei zum Beispiel im Vergleich zu anderen Gerichtssprenkeln beim Wiener JGH der Außergerichtliche Tatausgleich stets "stark unterrepräsentiert" gewesen. Von der nunmehrigen Standortverlegung erwartet sich Böhmdorfer eine strukturelle Ersparnis von einer Million Euro pro Jahr. Für den geplanten Neubau eines Jugendgefängnisses am Stadtrand von Wien fehlt noch das Ja des Finanzministers. (simo, DER STANDARD Printausgabe 24.4.2003)