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Wien - Die nächsten 35 Jahre werden die Abwässer im 21. und 22. Bezirk durch amerikanische Kanäle fließen. Mittwoch wurde ein Cross-Border-Leasing für das gesamte Wiener Kanalnetz links der Donau im Wiener Gemeinderat von SP und VP beschlossen.

Mit dieser Transaktion sei es möglich, den Ausbau des Kanalnetzes in Transdanubien bereits in fünf Jahren fertig zu stellen, "ansonsten hätten wir sicher noch 20 Jahre weiter gegrundelt", erläutert Helmut Kadrnoska, Chef der Wiener Kanalabteilung MA 30 im STANDARD-Gespräch.

Transaktion und Vertragswerk sind ausgesprochen kompliziert, das Prinzip allerdings einfach: Das US-Unternehmen John Hancock Life Insurance Company investiert 500 Millionen Dollar in das Wiener Kanalnetz und lukriert so in den USA Steuervorteile. Diese teilen sich Hancock und die Stadt Wien.

In einen Trust eingezahltes Geld

Nach 35 Jahren liegt es dann an der Stadt Wien, zu entscheiden, ob sie das Kanalnetz mit dem in einen Trust eingezahlten Geld wieder zurückkauft. Oder - sehr unwahrscheinlich - ob die Stadt das Kanalnetz dem Versicherungsunternehmen überlässt. Für Wien bedeutet dies auf jeden Fall, dass mit diesem Geschäft rund 150 Millionen Euro lukriert werden, die investiert werden können. "In Floridsdorf und Donaustadt können damit die 1,5 bis 2 Prozent fehlenden Netzanschlüsse errichtet werden", so Kadrnoska. Außerdem werde in die Wasseraufbereitungsanlage Kleehäufel investiert.

Einen "sozialistischen Raubzug" ortet der FP-Gemeinderat Kurth-Bodo Blind in diesem Cross Border-Leasing. Die Stadtregierung wolle "mit dubiosen Cross Border Leasing Aktionen das Vermögen der Wienerinnen und Wiener leichtfertig verscherbeln".

Vertragswerk

Der Grüne Gemeinderat Martin Margulies kritisierte wiederum, dass das Vertragswerk nur in Englisch vorliege und beantragte eine Übersetzung. Finanzstadtrat Sepp Rieder (SP) versprach, dass es künftig bessere Informationen zu solchen Verträgen für die Gemeinderäte geben werde. Überdies gebe es schon ein derartiges Leasing bei den U-Bahnzügen der Wiener Linien.

Für den SP-Gemeinderat Jürgen Wutzlhofer ist die Oppositionskritik "bewusste Angst- und Panikmache. Diese Cross-Border Aktion ist eindeutig legal. Die Stadt Wien ist gegen alle Risiken rechtlich abgesichert, hat die volle Verfügungsgewalt über die Kläranlagen und erhält sie nach 35 jähren wieder zurück. Vom Ausbruch der Pest, wie ihn die FPÖ an die Wand malt, kann also keine Rede sein." (frei, DER STANDARD Printausgabe 24.4.2003)