Weil eine entfernte Anrainerin Lärm fürchtet, darf Tel Aviv Beach (als einziges Lokal am ganzen Kanal) nur bis 22 Uhr geöffnet halten - und erst seit Sonntag, statt, wie geplant, schon seit Mai. Dass man die Musik der Tel-Aviv-Anlage schon auf Straßenniveau nicht mehr hört, stand dabei gar nicht zur Debatte, auch das schräg vis-à-vis gelegene (nicht exakt geräuscharme) Flex spielte keine Rolle: Am Behördenweg führt hierorts bekanntlich keine Vernunft vorbei.
So kann der atmosphärische Platz am Wasser erst jetzt in Beschlag genommen werden. Seit Sonntag ist jedenfalls offen und Wien ein Stück entspannter.
Entspanntheit ist definitiv das Thema am Beach, und das kriegen die Molchos im Strudel der Bestellungen schon fast so gut hin wie ihre Gäste. Wobei noch zu klären ist, was genau die Leute hier so speziell gut und entspannt aussehen lässt. Das Licht, wie es sich in einer Biegung spiegelt, den der Kanal hier nimmt? Der feine Sand zwischen den Zehen, der als Instant-Massage wirkt und Ebenmaß und goldenen Teint auf die Gesichter der Anwesenden zaubert? Oder sind diesen Sommer alle Schönen in der Stadt geblieben? Egal: Hier sitzt man gerne - selbst wenn das Personal noch heftig ins Schlingern kommt.
Beachbar-Classics
Tel Aviv Beach, vergangenen Sommer mittels einiger Ladungen Sand zur 100-Jahr-Feier der "Weißen Stadt am Meer" recht lässig an den Kanal gekippt, ist dieses Jahr erwachsen geworden. Die Architektur, wie beim Neni am Naschmarkt von Eva Beresin, greift Bauhaus-Einflüsse aus Tel Aviv auf. Die lange Bar mit Balkon und DJ-Kabine im Obergeschoss ist charakteristisch geschwungen. Der Sand tut das Seine, damit es bei allem Stilbewusstsein nicht etwa steif abgeht. Wer nicht in Flipflops kommt, findet auf einer Terrasse unter einem alten Baum Platz.
Die Speisekarte wirkt überschau- und berechenbar, was angesichts der Größe des Lokals erfreulich ist. So gelingen die zeitgemäß interpretierten Beachbar-Classics auf mehr als anständigem Niveau: Ein satter Cheeseburger mit hausgemachten Wedges etwa, oder ein ziemlich unwiderstehliches Steak-Sandwich in knusprigem Ciabatta mit gegrilltem Gemüse und Cream Cheese. Feine Salate, Falafel & Co wie gehabt, den größten Teil der Karte aber nehmen Cocktails, Veilchenspritzer und anderes, mit guter Laune aromatisiertes Crushed-Ice ein. Erfreulich: Die Tagesteller für den Lunch am Strand. (Severin Corti/DER STANDARD/rondo/06/08/2010)