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Von den Häusern in Mirny, 300 Kilometer von Moskau entfernt, ist nicht mehr viel übrig. Die Kritik an der Führung wächst.

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 Premier Putin will den Wiederaufbau nun persönlich kontrollieren. Ein Ende der verheerenden Brände ist nicht in Sicht. 

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Die ohnehin schon drei Monate dauernden Sommerferien in Russland könnten in diesem Jahr sogar noch um einige Tage verlängert werden. Aufgrund der noch immer in weiten Teilen des Landes wütenden Brände forderte Gennadi Onischtschenko, Russlands oberster Amtsarzt, die Verlegung des Schuljahres. Was für viele russische Schulkinder Grund zur Freude sein dürfte, wird für die Mächtigen zunehmend zu einem Problem.

Nachdem sich die Wald- und Torfbrände, die vor mehr als einer Woche ausgebrochen sind, nahezu ungebremst fortsetzen, wächst der Unmut in der Bevölkerung. In den Internetforen machen Dorfbewohner ihrem Ärger über die Mängel bei der Feuerbekämpfung Luft (siehe rechts).

Hunderte Einwohner aus Wladimir forderten in einem Brief an den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew die Absetzung von Gouverneur Nikolaj Winogradow. Er sei auf Urlaub gewesen, während in seinem Verwaltungsgebiet Dutzende Hektar Land verbrannten, lautete der Vorwurf.

Medwedew, der seinen Urlaub im Badeort Sotschi wegen der Feuerkatastrophe abgebrochen hatte, hat bereits die ersten Köpfe rollen lassen. Er entließ fünf Armeeangehörige, weil in der Region Moskau eine Militärbasis Raub der Flammen wurde. Russischen Medien zufolge ist auch eine geheime Sendeanlage des Generalsstabs ausgebrannt. Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein. Medwedew wies die Beamten außerdem an, alle vom Feuer bedrohten strategisch wichtigen Objekte aufzulisten.

Um den Wiederaufbau der niedergebrannten Dörfer unter Kontrolle zu haben, will Regierungschef Wladimir Putin die Bauarbeiten höchstpersönlich im Auge behalten. Möglich werden soll das durch in den Dörfern installierte Videokameras, die den Aufbau live in das Weiße Haus in Moskau übertragen sollen.

Bei den schwersten Bränden seit etwa 40 Jahren gab es bisher rund 50 Todesopfer. Mehr als 3500 Menschen sind obdachlos. Derzeit wüten auf einer Fläche von 196.000 Hektar rund 800 Wald- und Torfbrände. Täglich kommen 7000 Hektar dazu. Experten befürchten, dass die Torfbrände erst durch die ersten heftigen Regenfälle im Herbst gelöscht werden können.

Den Bewohnern der russischen Hauptstadt Moskau wird geraten, die Stadt zu verlassen. "Wer kann, sollte eine Arbeitspause einlegen oder in den Urlaub wegfahren", sagte Onischtschenko. Die beißenden Rauchwolken, die bis ins Stadtzentrum vordringen, sorgen für Atemprobleme. Die österreichische Botschaft rät allen Auslandsösterreichern, die sich derzeit in den gefährdeten Gebieten aufhalten, Russland zu verlassen.

Ab Donnerstag werden auch zwei italienische Löschflugzeuge im Einsatz sein. Flugzeuge und Hubschrauber werden auch von den Nachbarländern Ukraine, Weißrussland, Aserbaidschan und Armenien gestellt. Hilfsangebote kamen auch aus Deutschland, Bulgarien, Polen und Kasachstan.

Putin verhängt Exportverbot 

Durch die Brände und die seit Wochen herrschende Dürre ist ein großer Teil der Ernte vernichtet worden. Putin kündigte daher ein Exportverbot an, das von 15. August bis Jahresende gelten soll. Der Premierminister versprach den Bauern zudem Subventionen in Höhe von zehn Milliarden Rubel (rund 254 Millionen Euro) und Darlehen in Höhe von 25 Milliarden Rubel (rund 635 Millionen Euro) für den Agrarsektor an. (Verena Diethelm, DER STANDARD - Printausgabe, 6. August 2010)

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