Wissenschaftlern der Berliner Charité haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dessen Hilfe Ärzte krankhafte von harmlosen Genmutationen unterscheiden können. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature Methods" berichten sie über die neue Software, die auch schon im Internet zur Verfügung steht.

Nadel im Heuhaufen des Genoms

Die Arbeitsgruppe um Markus Schülke und Dominik Seelow vom Exzellenzcluster NeuroCure am Campus Charité Mitte entwickelte das Programm "MutationTaster". Die Software nutzt und kombiniert das enorme und stetig aktualisierte Wissen über Gene und deren Funktion, das sich in öffentlich zugänglichen Datenbanken befindet. Sie spürt potentiell krankmachende Mutationen auf, die dann gezielt weiter untersucht werden können. "Auf diese Weise können wir die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen des Genoms finden", erklärt Seelow.

Die menschliche Erbsubstanz besteht aus etwa drei Milliarden einzelnen Bausteinen, den sogenannten DNA-Basen. Der Austausch eines einzelnen Bausteins führt oft dazu, dass ein körperwichtiges Eiweiß falsch hergestellt wird oder völlig fehlt. Das kann schwere genetische Erkrankungen, wie beispielsweise Muskelschwund oder die Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose, zur Folge haben.

Allerdings münden Abweichungen von der menschlichen "Standardsequenz" nicht zwangsläufig in Erkrankungen. Auch in gesunden Menschen finden sich Millionen gutartiger Varianten, sogenannte Polymorphismen. 

Frei zur Verfügung gestellt

Dem Arzt und Genetiker obliegt es nun, unter diesen vielen Varianten die krankmachenden Mutationen aufzuspüren. Mit den bisherigen Methoden der Humangenetik dauerte das oft Monate oder Jahre. Die Software der Charité benötigt dafür nur einen Bruchteil der Zeit. Das Projekt wurde mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert. "Durch die Förderung mit öffentlichen Geldern können wir die Software unentgeltlich zur Verfügung stellen", so Schülke.

Insbesondere Patienten mit bislang noch nicht aufgeklärten genetischen Erkrankungen profitieren von diesem Computerprogramm. "Die Kombination von Techniken zur Gensequenzierung und die Möglichkeit der automatischen Auswertung rückt die Aufklärung zahlreicher Krankheiten in greifbare Nähe", erläutert Schülke das Ziel seiner Forschungen. (red)