Autor beim Dichter zu Gast: Michael Stavaric wird mit Claudio Magris und Götz Spielmann diskutieren.

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Salzburg - Claudio Magris, "Dichter zu Gast" bei den Salzburger Festspielen, riskiert drei Tage lang einen Blick ins Innere Österreichs: Mit dem Ziel einer Annäherung an Wendepunkte heimischer Geschichte im 20. Jahrhundert - Wendepunkte, die zugleich auch entscheidenden Einfluss auf die Biografie einzelner Menschen hatten.

Auf dieser regionalen Spurensuche wird der 71-jährige Magris von österreichischen Künstlern und Wissenschaftern begleitet, gemeinsam erörtert man im Anschluss an ausgewählte Filme historische und biografische Schnittstellen. Erster Schauplatz ist die Bundeshauptstadt Wien, die vor allem im Kalten Krieg eine besondere Mittlerfunktion zwischen West und Ost einnahm.

Das Jahr 1989 mit der Öffnung des Eisernen Vorhangs veränderte das Klima in der Stadt nachhaltig, ein Beleg dafür ist Götz Spielmanns Melodram Der Nachbar (1993). Danach diskutieren Claudio Magris, Spielmann und der Schriftsteller Michael Stavaric (dessen Familie 1979 von Brno nach Wien übersiedelte und der später in der tschechischen Botschaft arbeitete) über Zeugnisse dieses Übergangs.

Morgen folgt das politisch noch immer heikle Thema "Februar 1934" : Der Bürgerkrieg bzw. Arbeiteraufstand spielte sich nicht nur im Wiener Karl-Marx-Hof, sondern auch in den oberösterreichischen sowie obersteirischen Industriezentren ab. Dort ist der Film Die Kameraden des Koloman Wallisch (1984) des Schriftstellers Michael Scharang angesiedelt. Republikanischer Schutzbund und Heimwehr gerieten zudem im Hausrucker Kohlerevier rund um Holzleithen aneinander - der in der Nähe aufgewachsene Autor Franzobel hat darüber das Theaterstück Hunt geschrieben. Mit Magris und der Linzer Historikerin Brigitte Kepplinger wird er sich über Kontinuitäten, Brüche und Schuldzuweisungen unterhalten. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD/Printausgabe, 07./08.08.2010)