Wien/Leh -"Es gelingt uns laufend, Kontakt zu weiteren Österreichern in der Region aufzunehmen, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel. Wir haben noch nicht alle Gesuchten gefunden", erklärte am Samstagnachmittag Außenamtssprecher Harald Stranzl gegenüber der APA. Laufend würden sich Angehörige melden, die ihre Lieben im Hochwassergebiet in Kaschmir vermuten.

In der Stadt Leh wird ein "Sammellager" eingerichtet, wohin sich die Österreicher wenden können, um dort betreut zu werden. Aktuell fand in Neu Delhi ein Koordinationstreffen der EU-Staaten statt, um eine mögliche Evakuierung der Europäer zu organisieren.

Der Botschaft in Neu Delhi war es heute schließlich gelungen, Kontakt über den lokalen Reiseveranstalter und über diesen auch zur europäischen Trekkinggruppe mit österreichischen Mitgliedern in Ladakh aufzunehmen. "Diese sind glücklicherweise wohlauf, es geht ihnen den Umständen entsprechend gut", freute sich Stranzl.

Weitere neun Reisegruppen mit rund 90 Personen, darunter 60 bis 70 Prozent Österreicher, waren im fraglichen Gebiet unterwegs. Laut Christian Hlade, Leiter des heimischen Veranstalters "Weltweitwandern" konnte auch zu diesen Kontakt aufgenommen werden. Sie seien nach allen vorliegenden Informationen wohlauf.

In Österreich war am Freitag ein Krisenstab, bestehend aus Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium, gebildet und eine Hotline für Angehörige (01/53115/4411) eingerichtet worden. Die Österreichische Botschaft in Neu Delhi wiederum bemühte sich in Abstimmung mit den EU-Partnern und den indischen Behörden, die Vermissten zu finden. Je ein Beamter des Außen- und des Innenministeriums aus der Vertretung standen bereit, in die etwa 1.000 Kilometer entfernte Region zu reisen.

Keine Hoffnung auf Entspannung

Die Hochwassergebiete in Pakistan sind am Samstag erneut von Regen heimgesucht worden. Die Lage dürfte sich in den kommenden Tagen noch verschärfen: Nach Niederschlägen im benachbarten Afghanistan dürfte der Kabul-Fluss eine neue Hochwasserwelle in den Nordwesten Pakistans tragen, sagte der pakistanische Meteorologe Farooq Dar voraus. Von den Überschwemmungen sind nach offiziellen Schätzungen bis zu 13 Millionen Menschen betroffen, etwa 1.500 Menschen kamen bisher in den Fluten ums Leben.

Die UN stuften die Katastrophe in Bezug auf die Zahl der Hilfsbedürftigen und die Schäden an der Infrastruktur als ebenso schwerwiegend ein wie das Erdbeben in Kaschmir 2005, das 73.000 Menschen das Leben kostete. Die Fluten rissen Straßen, Brücken und Kommunikationsleitungen mit sich fort, was die Rettungsarbeiten erheblich erschwert. Neben zivilen Hilfsorganisationen sind rund 30.000 pakistanische Soldaten im Einsatz, um Lebensmittel zu verteilen, Notunterkünfte für Flüchtlinge zu errichten und Brücken wieder aufzubauen.

Der pakistanisch Präsident Asif Ali Zardari setzte unterdessen ungeachtet scharfer Kritik seine Europa-Reise fort. Sein Sohn, Bilawal Bhutto Zardari, verteidigte seinen Vater am Samstag vor Reportern in London: "Mein Vater tut alles, was er kann, um dem pakistanischen Volk zu helfen." Der Präsident habe auf seiner Reise durch Frankreich und Großbritannien bereits Hilfsgelder in zweistelliger Millionenhöhe für die Hochwasser-Opfer eingeworben, sagte Bhutto Zardari.

Zugleich erklärte der 21-Jährige, er sei noch nicht bereit für eine eigene politische Karriere. Bhutto Zardari ist der Sohn der einstigen Ministerpräsidentin Benazir Bhutto, die Ende 2007 kurz nach ihrer Rückkehr aus dem Exil einem Mordanschlag zum Opfer fiel.

In der indischen Himalaya-Region Ladakh stieg die Zahl der Toten nach einer Sturzflut auf mindestens 130. Weitere 400 Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt. Nach einem Nachlassen des Regens Samstag früh begannen tausende Soldaten und Polizisten mit den Aufräumarbeiten, und der Flughafen der Stadt Leh nahm seinen Betrieb wieder auf.

In Leh und Umgebung hatte die Sturzflut Häuser, Autos und Busse fortgerissen. Die Wassermassen hätten eine Fläche von 150 Quadratkilometern verwüstet, erklärte der Polizeichef des Unionsstaats Kaschmir, Kuldeep Khoda. Nordöstlich von Leh retteten Einsatzkräfte nach Angaben eines Heeressprechers 150 Menschen, darunter 100 ausländische Touristen. Die Region ist bei Bergsteigern und Naturfreunden beliebt.

Die Rettungsarbeiten wurden durch rasch fließendes Wasser und Trümmerteile erschwert. Ein Augenzeuge erklärte, der Schlamm in Leh türme sich stellenweise drei Meter hoch. Busse seien zwei Kilometer weit mitgerissen worden. Auch Zufahrtsstraßen waren beschädigt, was die Lieferung von Hilfsgütern und die Abreise von Urlaubern erschwerte. (APA)