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Ihre aktuelle Welttournee nennt Lady Gaga "The Monster Ball". Und sie verspricht nicht weniger als eine Weihestunde in der "Kirche der Jugend" (11. 11., Wiener Stadthalle). Mit dem Erfolg einer Madonna, eines Michael Jackson oder eines Prince (die 1980er-Jahre) ist das kaum vergleichbar. Standen doch diesen Protagonisten eines dank MTV globalen Pop bescheidenere Mittel der Vermarktung zur Verfügung: Radio, Fernsehen, manchmal Kino. Vor allem aber lebten die drei von der physischen Distribution ihrer CDs. MTV ist als Musiksender Geschichte. Vinyl und CDs werden bald nur noch an den Rändern des Markts ein Schattendasein führen.

Der Erfolg von Lady Gaga beruht auf ihrem auf alle Abschnitte der Popgeschichte zugreifenden Sachverstand in Sachen Imagepflege - und auf beständigen Kostümwechseln. Und er fußt in den Möglichkeiten der digitalen Welt: Ende August 2010 wird Lady Gaga wohl mehr als 15,2 Millionen Freunde im Facebook-Land haben und den Erstplatzierten Michael Jackson überholen. Präsident Barack Obama kommt auf zwölf Millionen Anhänger, Madonna auf zwei Millionen. Fünf Millionen Gefolgsleute besitzt Lady Gaga schon auf Twitter, immerhin noch 1,3 Millionen Freunde bei Myspace. Und: Ihr aktuelles "Skandalvideo" zur bei Madonna abgekupferten Euro-Trash-Ballade Alejandro hält auf Youtube bei knapp 100 Millionen Zugriffen. Und selbst die auch auf Youtube kommunizierte "Penisdebatte" wollten mehrere Millionen verfolgen. Im Frühjahr wurde Lady Gaga von Time auch in die Liste der 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten aufgenommen. 

Selbst wenn das Musikgeschäft vom Tod bedroht ist: Bei solchen Triumphzügen in Sachen Aufmerksamkeitsökonomie bleibt auch finanziell etwas hängen. Über 50 Millionen Tonträger verkaufte Lady Gaga seit ihrem Debüt The Fame. Eine alte Showbiz-Weisheit lautet: Wenn das Interesse nachlässt, muss man die Dosis erhöhen. Lady Gaga scheint damit gut leben zu können. Die Auftritte werden immer schriller, ein Backlash ist nicht in Sicht. Die 1986 in New York als Stefani Joanne Angelina Germanotta geborene Tochter von Start-up-Unternehmern hat ihr Handwerk übrigens nicht nur von Mutter und Vater gelernt. 

Ihr Kunststudium mit Schwerpunkt Pop lehrte sie auch, dass das Schrille ins Ordinäre gedeutet werden müsse, um Erfolg zu haben. Also: Lady Gaga ist die Diva für das digitale Bierzelt. (Christian Schachinger, DER STANDARD/Printausgabe, 24./25.07.2010)