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Verzweiflung in Harthau bei Chemnitz, Sachsen.

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Überflutete Straßen in Polen.

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Das Kloster Weltenburg an der Donau in Bayern.

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Zittau - Acht Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser von 2002 hat heftiger Dauerregen am Wochenende innerhalb kürzester Zeit Flüsse und Bäche im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Polen zu reißenden Fluten anschwellen lassen. In dramatischen Aktionen wurden Menschen gerettet, die sich an Bäume und Brückenpfeiler geklammert hatten oder auf den Dächern ihrer überfluteten Häuser ausharrten. Der Pegelstand der Neiße schoss binnen drei Stunden um vier Meter in die Höhe, nachdem in Polen eine Staumauer brach. Es werde in Görlitz keine schnelle Entspannung geben, sagte die Sprecherin des Landeshochwasserzentrums, Karin Bernhardt, am Sonntag in Dresden.

Tote in Erzgebirgsregion

Im Erzgebirgsort Neukirchen ertranken am Samstag eine 72-Jährige, ihr 74-jähriger Ehemann und ein 63-jähriger Nachbar bei dem Versuch, Waschmaschinen aus dem Keller ihres Mehrfamilienhauses zu retten. In mehrere Regionen Sachsens wurde Katastrophenalarm ausgerufen. Entlang der Neiße wurden die Menschen mit Lautsprecherwagen vor einer massiven Flutwelle gewarnt, nachdem im polnischen Radomierzyce (Radmeritz) eine Staumauer gebrochen war.

Der Pegel in Görlitz zeigte Sonntag früh mehr als sieben Meter an - und damit den höchsten Wert seit Beginn der Messungen im Jahr 1912. Der normale Wert liegt dem sächsischen Hochwasserzentrum zufolge im Mittel bei 1,70 Meter. Retter bargen vom Hubschrauber aus einen völlig erschöpften Mann, der sich verzweifelt an einen Brückenpfeiler geklammert hatte. Die Flutwelle auf der Neiße sei aber nicht so extrem wie nach dem Bruch der Staumauer befürchtet, sagte Gerlind Walter vom Katastrophenschutz-Stab des Landkreises Görlitz. Ein Tagebausee habe einen großen Teil des Wassers "geschluckt" - sein Wasserspiegel legte um 45 Zentimeter zu.

Opfer auch in Polen und Tschechien

In Polen sprach Innenminister Jerzy Miller am Sonntag von drei Todesopfern durch die Flut. Medienangaben zufolge handelt es sich um zwei Frauen und einen Feuerwehrmann, der bei der Sicherung eines Deiches vom Wasser mitgerissen wurde. Ein Regionalpolitiker und sein Fahrer überlebten, weil sie sich neun Stunden an umtoste Bäume klammerten. Ihr Wagen war von der Hochwasserwelle nach dem Dammbruch erfasst worden. Etliche vom Wasser eingeschlossene Menschen in der Region wurden von den Dächern ihrer Häuser gerettet. Bogatynia - eine Stadt mit mehr als 18.000 Einwohnern - war für Stunden fast vollständig überflutet, mehrere Häuser stürzten ein. Auch in Teilen von Zgorzelec, der Nachbarstadt von Görlitz, stand das Wasser zwischen den Häusern.

In Tschechien ertranken ebenfalls mindestens drei Menschen, teilten die Behörden mit. Drei Menschen wurden zunächst noch vermisst, darunter ein Mann, der vor den Augen anderer in einen reißenden Fluss stürzte. Mehr als 2.000 Menschen mussten am Wochenende in Notquartieren übernachten, nachdem mehrere Ortschaften überflutet wurden. Etliche Personen wurden mit Hubschraubern gerettet und in Sicherheit gebracht - unter anderem von Luftrettern aus Deutschland. Betroffen war vor allem die Region um Liberec. Mehrere Zugverbindungen nach Deutschland waren unterbrochen.

Rasend schnell war das Wasser am Samstag auch in die knapp 40 Kilometer von Görlitz entfernte Stadt Zittau geflutet, ein Wohnviertel musste evakuiert werden. "Hier herrscht absolutes Chaos, das übertrifft alles bisher Dagewesene", sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Mehrere Menschen wurden verletzt oder vom Wasser eingeschlossen. Helfer waren in Schlauchbooten unterwegs. Entlang der Neiße und der Mandau wurden nach Angaben des Katastrophenschutz-Stabs von Samstag an insgesamt fast 1.500 Menschen in Sicherheit gebracht, 1.700 Helfer waren im Einsatz. Am Sonntag floss das Wasser langsam wieder ab.

Auch aus anderen Ortschaften wurden sinkende Pegelstände gemeldet. Im Raum Chemnitz und dem Erzgebirge hätten ebenso wie in der Sächsischen Schweiz die Aufräumarbeiten begonnen, berichtete Walter. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte Hilfe zu. "Ich gehe davon aus, dass der Freistaat Sachsen genau wie die Kommunen den Betroffenen unter die Arme greifen."

Das Tief "Viola" hatte die Wassermassen auf seinem Weg gen Osten gebracht. Die extremen Regenfälle seien "nicht so überraschend" gewesen, sagte Robert Scholz, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Von Westen her ziehe bereits ein neues Schauerband auf die Region zu, in der Summe werde es aber nicht so viel regnen wie in den vergangenen Tagen. Die Wetterlage vom Wochenende sei ähnlich der gewesen, die im August 2002 zum Jahrhunderthochwasser geführt hatte.

Heftiger Regen hatte zuvor auch in Bayern Straßen überschwemmt und Flüsse über die Ufer treten lassen. Vor allem im Allgäu fielen an mehreren Orten binnen 24 Stunden mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter - so viel wie normalerweise im ganzen Monat Juli. (APA)