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Der Chef des amerikanischen Computer- und Druckerriesen Hewlett-Packard ist über eine enge Liaison mit einer externen Mitarbeiterin gestolpert. Mark Hurd, der 2005 Carly Fiorina an der HP-Spitze abgelöst hatte, soll die Frau mit Geldern aus der Firmenkasse ausgehalten haben. Der Verwaltungsrat drängte ihn daraufhin zum Rückzug. Am Freitag trat Hurd mit sofortiger Wirkung von allen seinen Ämtern zurück. Der Vorwurf sexueller Belästigung habe sich allerdings nicht bestätigt, teilte HP ausdrücklich mit.

"Das ist eine schmerzhafte Entscheidung für mich nach fünf Jahren bei HP"

"Das ist eine schmerzhafte Entscheidung für mich nach fünf Jahren bei HP", sagte Hurd in einer Mitteilung, "aber ich glaube, dass es schwierig für mich würde, als Chef bei HP erfolgreich weiterzuarbeiten." Der Rücktritt sei die einzige Entscheidung gewesen, die er und der Verwaltungsrat zu dieser Zeit hätten treffen können.

Der Vorwurf der sexuellen Belästigung hatte den Fall vor gut einem Monat ins Rollen gebracht. Ende Juni hatte sich der Anwalt der Frau an das Unternehmen gewandt. Die Vorwürfe stellten sich nach einer Überprüfung zwar als haltlos heraus, doch es kamen andere Ungereimtheiten ans Licht. Inzwischen soll sich Hurd mit der Frau außergerichtlich geeinigt haben. Sie soll zugestimmt, Rechtsansprüche gegen den weltgrößten Computerhersteller fallenzulassen.

Die Frau arbeitete nach Angaben von HP zwei Jahre lang als externe Beraterin im Marketing des Konzerns. Hurd habe eine "enge persönliche Beziehung" zu ihr aufgebaut, sagte Chefjustiziar Michael Holston in einer Telefonkonferenz. Nach außen hin habe er dies verheimlicht. Bei den Ermittlungen seien dann fragwürdige Abrechnungen aufgetaucht.

Abgestritten

Nach Informationen der "New York Times" hat Hurd die Frau mehrfach zu Veranstaltungen im In- und Ausland mitgenommen. Sie sei dafür nicht nur gut bezahlt worden, sondern Hurd habe mit ihr auch häufiger auf Firmenkosten Abend gegessen, ohne dies später anzugeben. Hurd, so schreibt die Zeitung unter Berufung auf sein Umfeld, habe eine sexuelle Beziehung aber abgestritten.

Der als kühler Rechner und harter Sanierer bekannte Manager habe es in diesem Fall "deutlich an Urteilsvermögen mangeln lassen", sagte Chefjustiziar Holston. Seine Leistungen als Chef seien dagegen ohne Fehl und Tadel gewesen, stellte er klar. "Das war eine schmerzhafte Entscheidung für alle Beteiligten, angesichts der starken Führung von Mark in den vergangenen Jahren", kommentierte Verwaltungsratsmitglied Marc Andreessen den Abgang.

Finanzchefin Cathie Lesjak übernimmt für eine Übergangszeit die Unternehmensführung. Sie wolle den Posten aber nicht dauerhaft ausfüllen, sagte sie. Dennoch zählt die HP-Veteranin zu den heißesten Anwärtern. "Wir schauen uns interne und externe Kandidaten an", sagte Verwaltungsratsmitglied Andreessen. Es kursieren bereits Namen von Managern der Technologiekonzerne Microsoft, Cisco, Oracle und Motorola.

Unsicherheit

Die Börsianer reagierten verunsichert auf die überraschende Nachricht von Hurds Rücktritt, zumal eine erste Firmenmitteilung mehr Fragen aufwarf, als sie Antworten gab. Erst eine nachfolgende Telefonkonferenz brachte etwas Licht ins Dunkel. Die Aktie verlor im nachbörslichen Handel bis zu 10 Prozent an Wert.

Hurd hatte HP ohne größeren Schaden durch die Wirtschaftskrise gesteuert. Er hatte das Unternehmen in seinen fünf Jahren als Chef breiter aufgestellt. Das hochprofitable Servicegeschäft baute er aus und verringerte damit die Abhängigkeit von der margenschwachen Hardware. HP überholte sowohl den Rivalen Dell als größten Computerhersteller als auch IBM als größten IT-Konzern.

Gute vorläufige Zahlen für das gerade abgelaufene dritte Geschäftsquartal und eine Erhöhung der Prognose gingen in dem Trubel unter. Interimschefin Lesjak versuchte vergeblich, die Börsianer zu beruhigen: "Mark war ein starker Kopf, aber er hat die Initiativen am Ende nicht alleine gefahren, es war die ganze Organisation." (APA)