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Die großflächigen Brände sorgen für Smog in Moskau - Nun droht auch ein 2000 km entferntes Atomlager zur Bedrohung zu werden

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

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Klyuchi in der Region Ryazan, rund 360 Kilometer südöstlich von Moskau.

 

Foto: REUTERS/Denis Sinyakov

Radioaktive Gefahr in Russland und giftiger Smog in Moskau: Bei den schwersten Wald- und Torfbränden der russischen Geschichte versuchen tausende Einsatzkräfte, ein Übergreifen der Feuersbrunst auf Atomanlagen und radioaktiv verseuchte Gebiete zu verhindern. Für die Ural-Stadt Osjorsk mit dem großen Atommüllaufbereitungs- und Lagerungszentrum Majak gaben die Behörden am Dienstag aber zunächst Entwarnung.

Die Brände in der Nähe der Anlage seien gelöscht, sagte die Sprecherin des Zivilschutzministeriums, Irina Andrianowa, nach Angaben der Agentur Interfax. Der Bürgermeister von Osjorsk, Viktor Trofimtschuk, verhängte dennoch den Ausnahmezustand. Damit sind etwa Picknicks in den Stadtparks und umliegenden Wäldern verboten.

Frankreich forderte angesichts der Brände den Aufbau einer EU-Eingreiftruppe. "Wir müssen unsere Hilfsmittel zusammenlegen, um eine europäische Notfalltruppe aufzustellen", sagte der französische EU-Staatssekretär Pierre Lellouche der Zeitung "Le Figaro".

Im ganzen Land blieb die Lage gespannt. Nach Angaben des Zivilschutzministeriums brannten am Dienstag noch mehr als 550 Feuer auf einer Fläche von mehr als 1.700 Quadratkilometern. Darunter befänden sich knapp 70 Großbrände.

Einsatzkräfte ums Leben gekommen

Bei den Löscharbeiten waren seit Montag nach offiziellen Angaben mindestens zwei Einsatzkräfte ums Leben gekommen. Darunter war auch ein Soldat, der am atomaren Forschungszentrum in Sarow gegen die Flammen gekämpft hatte. Das Feuer dort wurde gelöscht. Die Zahl der Feuertoten erhöhte sich damit auf mindestens 54. Hilfsorganisationen gehen von deutlich mehr Opfern aus.

Die Feuerwalze nähert sich nach Angaben russischer Behörden immer wieder bedrohlich den Atomanlagen des Landes. Experten befürchten aber vor allem, dass die Waldbrände radioaktiv verseuchte Böden aufwirbeln und das Strahlengift in andere Regionen tragen könnten. Der Atomkonzern Rosatom warnte dagegen vor Panikmache. Die Atommülldeponien seien durch einen mehrschichtigen Mantel aus Beton und Metall geschützt, so dass Feuer sie kaum beschädigen könnten.

Dagegen äußerte sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace besorgt darüber, dass das Feuer auch auf Atomanlagen übergreifen könnte. Die Brände könnten schwere Folgen haben, warnte der Greenpeace-Atomexperte Christoph von Lieven in der "Neuen Presse" (Dienstag) aus Hannover. Vor allem Feuer vor Majak 1.500 Kilometer östlich von Moskau - 1957 Schauplatz der größten Atomkatastrophe vor Tschernobyl - seien gefährlich.

"Es liegt viel radioaktives Material in der Umgebung, viel Material wurde damals einfach in einem See versenkt", sagte von Lieven. Majak gelte bis heute als der größte radioaktiv belastete Ort und damit als eines der gefährlichsten Gebiete der Welt. Ein Sprecher der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sagte, dass Majak nicht zu den Anlagen gehöre, die Russland freiwillig von den Atominspektoren kontrollieren lasse. Die Sicherheit einer Anlage und des Atommaterials liege immer in der Verantwortung des Landes.

Die von einer Jahrhundert-Hitze und schweren Dürre begleiteten Brände haben Russland in eine schwere ökologische, wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe gestürzt. Die Schäden werden auf einen zweistelligen Milliarden-Euro-Wert geschätzt. In der russischen Hauptstadt Moskau leiden die Menschen seit Tagen unter giftigem Smog. Die Sterberate stieg hier um das Doppelte auf 700 Tote täglich. (APA)