Im Juli vermeldete Amazon, mehr E-Books als altmodisch gedruckte Bücher verkauft zu haben. Das letzte Stündlein des gedruckten Buches, das Zeitungen wie die New York Times gekommen glaubten, hat aber noch nicht geschlagen. Die berauschenden Amazon-Zahlen, die nur die USA betreffen, sind als Marketingstrategie zu verstehen. Die Botschaft an die Leser lautet:Vertraut auf das E-Book und kauft beim Marktführer.

Denn Amazon hat nicht nur ein teures Produkt, das System Kindle, zu bewerben. Der Konzern hat auch seine Vorreiterrolle zu verteidigen, die ihm zwar noch eine gute Weile, aber nicht mehr unangefochten überlassen bleiben wird. Amazons Marktanteil könnte bis Jahresende drastisch fallen. Als Gefahren drohen nicht nur Konkurrenten wie das zwar schwankende Flaggschiff Barnes & Noble oder störrische Verleger und Autoren, die auf eigene Faust auf dem Markt mitmischen wollen. Auch das iPad ist ein neuer, ernstzunehmender Faktor im schwer berechenbaren Geschäft.

Der kleine amerikanische Dorchester-Verlag will nun als Erster aus finanziellen Gründen ganz auf E-Book umsatteln und nur noch auf Nachfrage drucken. Print-on-Demand, ursprünglich für Hobbyautoren erfunden, die sich den Traum vom eigenen Buch leisten wollten, könnte nun den haptischen Lesegenuss verlängern. (Isabella Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 11. 8.2010)