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Ein erschöpfter Feuerwehrmann steht vor einer Rauchwolke in der Region Rjasan in der Nähe Moskaus. Die radioaktiven Teilchen im Rauch sind vor allem für die Brandbekämpfer eine Bedrohung.

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In Kustarevka, 340 Kilometer südöstlich von Moskau, wütet nach wie vor das Feuer.

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Experten versichern, dass die radioaktiven Teilchen im Rauch nicht bis nach Österreich kommen.

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Letztendlich hat alles Leugnen nicht geholfen. Nachdem die russischen Behörden tagelang versuchten, die Gefahr von Bränden in radioaktiv verseuchten Gebieten herunterzuspielen, hat die Waldschutzbehörde Roslessosaschtschita nun eingeräumt, dass es bereits seit 6. August in kontaminierten Gebieten brennt. Alleine in der Oblast Brjansk, die 1986 durch die Atomkatastrophe in Tschernobyl verstrahlt wurde, habe es 28 Brände gegeben.

"Eine Erhöhung der Strahlung wie nach der Katastrophe in Tschernobyl wird es nicht geben. Aber man darf die Rolle einer niedrigen Strahlendosis nicht unterschätzen", sagte Wladimir Tschuprow, Nuklearexperte von Greenpeace. Es sei noch unklar, wie Strahlung mit giftigen Stoffen wie Kohlenmonoxid und anderen Partikeln, die beim Verbrennen von Torf entstehen, zusammenwirke.

Der russische Ökologe Alexej Jablokow von der Russischen Akademie der Wissenschaften warnte, das radioaktive Teilchen in der Luft bis nach Moskau oder Westeuropa getragen werden könnten. Nach einem Brand in Weißrussland im Jahr 1992 sei fünf Stunden später im 800 Kilometer entfernten Vilnius ein erhöhter Anteil an Radionukliden aus Tschernobyl festgestellt worden.

Laut Tschuprow sei die Wahrscheinlichkeit jedoch gering, dass die Teilchen so weit vertragen würden. "Der Wind ist dort nur sehr schwach. Eine Verteilung der radioaktiven Teilchen ist nur in einem Umkreis von einem Dutzend Kilometern wahrscheinlich", sagte der Greenpeace-Experte. Vor allem Feuerwehrmänner und die lokale Bevölkerung seien betroffen, da die Teilchen nur in Bodennähe bleiben und nicht wie bei Tschernobyl in große Höhen katapultiert werden, meinen auch deutsche Experten.

Auch Meteorologen beschwichtigen: "Die Wolken kommen bei weitem nicht zu uns", versicherte Gerhard Wotawa von der ZAMG in Wien. Derzeit wird die Luft aus den Brandgebieten Richtung Nordmeer und nach Sibirien transportiert. Selbst wenn sie nach Österreich gelangen sollte, sei keine Gesundheitsgefährdung zu befürchten.

Hurrikane drohen im Herbst

Gefahr könnte jedoch im Herbst drohen. Wetterexperten haben für Ende August und September Unwetter vorhergesagt, die auf Grund der anormalen Hitzewelle schwerer als sonst ausfallen dürften. Stürme in Hurrikanstärke könnten die radioaktiven Teilchen verteilen. Etwas Ähnliches passierte 1967, als ein Tornado Radioaktivität vom ausgetrockneten Karatschaj-See über die Region Tscheljabinsk verteilte.

Entwarnung gibt es hingegen für die zehn russischen Atomkraftwerke. Derzeit ist keines von Flammen bedroht. Auch durch die Brände zerstörte Stromleitungen oder die durch die Hitze erschwerte Kühlung sind zu bewerkstelligen, sagt Igor Kudrik, Experte der Umweltschutzorganisation Bellona. "Wenn die Kühlung oder die Stromabnahme behindert werden, kann man die Reaktoren runterfahren", sagt Kudrik. Gefährlich werde es nur, wenn die Reaktoren direkt durch das Feuer bedroht werden. (Verena Diethelm, DER STANDARD-Printausgabe, 12.08.2010)