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Ceuta und Melilla sind von Marokko gut abgegrenzt.

Foto: APA/EPA/LAUREANO VALLADOLID

Madrid - Die diplomatischen Spannungen zwischen Spanien und Marokko spitzen sich zu. Am Dienstagabend versperrten verschiedene marokkanische Verbände den Grenzübergang zwischen Marokko und der von dem nordafrikanischen Land umgebenen spanischen Exklave Melilla für Lkw. Ein Sprecher der Vereinigungen, unter denen sich auch der radikale "Verband zur Befreiung von Ceuta und Melilla" befindet, kündigte für die kommenden Tagen sogar eine Art inoffiziellen Handelsboykott gegen die beiden spanischen Enklaven an der nordafrikanischen Küste an.

Dem geplanten Handelsboykott der beiden spanischen Städte durch marokkanische Bürgerverbände, welche die Zufahrtsstraßen und Grenzübergänge versperren wollen, ging in den vergangenen Tagen zudem eine aggressive diplomatische Offensive der marokkanischen Regierung in Rabat voraus. In täglichen Schreiben nach Madrid protestierte sie gegen das angeblich "rassistische" und "entwürdigende" Verhalten der spanischen Grenzpolizei in den Enklaven gegenüber den marokkanischen Grenzgängern. Tausende Marokkaner arbeiten in Ceuta und Melilla und pendeln täglich in die Enklaven. Madrid weist diese Anschuldigungen als "falsch" zurück.

Koloniale Überbleibsel

Die Anschuldigungen Rabats haben allerdings vielmehr einen geopolitischen Hintergrund. Rabat sieht die beiden spanischen Exklaven als besetztes Gebiet und Überbleibsel aus der Kolonialzeit an. Daher startet die marokkanische Regierung regelmäßig "Kampagnen" zur Rückeroberung. Madrid hingegen pocht darauf, dass beide Exklaven bereits spanisch waren, als Marokko als Staat noch gar nicht existierte. Die in den von Rabat in den offiziellen Protestschreiben ebenfalls gebrauchte Bezeichnung "besetzte" Gebiete veranlasste Madrid dazu, den marokkanischen Botschafter in Spanien ins Außenministerium zu zitieren, um eine Erklärung einzufordern.

Die letzte diplomatische Krise liegt erst drei Jahre zurück, als der spanische König Juan Carlos im November 2007 erstmals nach Ceuta und Melilla reiste. Marokko berief sofort seinen Botschafter in Spanien ab und Regierungschef Abbas al-Fassi erklärte, dass die Kolonialzeit "unwiderruflich" und längst vergangen sei. 2002 kam es sogar fast zu Feuergefechten, als marokkanische Soldaten die unbewohnte und von beiden Seiten eigentlich als "neutral" behandelte "Petersilieninsel" vor der marokkanischen Küste in Besitz nahmen. Nachdem ein marokkanischer Offizier die spanische Guardia Civil gewarnt hatte, seine Soldaten könnten versehentlich auf die Boote feuern, sollten sie der Insel zu nahe kommen, nahm eine spanische Spezialeinheit die marokkanischen Soldaten fest. Der provozierte Vorfall wurde von Rabat benutzt, um erneut sein Anrecht auf Ceuta und Melilla einzufordern. (APA)