Jerusalem - Israel will künftig bei Hilfsflotten für den Gazastreifen von Anfang an härter gegen gewaltbereite Aktivisten vorgehen. Das kündigte Generalstabschef Gabi Ashkenazi nach Medienberichten am Mittwoch während seiner Aussage vor einem internen Untersuchungsausschuss in Jerusalem an. Es sei ein Fehler gewesen, dass die Soldaten am 31. Mai nicht sofort "präzise Waffen" gegen Aktivisten eingesetzt hätten, die Soldaten daran hindern wollten, das türkische Schiff "Mavi Marmara" zu entern. Man hätte einen "sicheren Raum" für die Soldaten schaffen müssen, sagte der Generalstabschef.

Die israelische Untersuchungskommission prüft die Erstürmung der internationalen Gaza-"Solidaritätsflotte" vor knapp zweieinhalb Monaten, bei der israelische Soldaten neun türkische Aktivisten getötet hatten. Die israelische Armee hatte nach dem blutigen Zwischenfall Videobilder veröffentlicht, die zeigten, wie die türkischen Aktivisten die Soldaten auf Deck mit Schlagstöcken und Stühlen angriffen.    

"Der zentrale Fehler - auch meiner - war, dass wir dachten, dass 10 bis 15 Leute an Deck sein würden, wir mehrere Blendgranaten werfen und sie zur Seite gehen würden. Dann hätten wir binnen einer Minute 15 Soldaten herunterlassen können", sagte Ashkenazi nach Angaben der israelischen Nachrichtenseite "Ynet". Die Bilder der Armee zeigten, wie jeder Soldat, der sich aus einem Hubschrauber auf Deck herunterließ, von mehreren Aktivisten angegriffen wurde.

"Man hätte mit präzisen Waffen schießen müssen"

"Man hätte mit präzisen Waffen schießen müssen, damit jene neutralisiert werden, die (die Soldaten) daran hindern, an Deck zu kommen - dies hätte die Gefahr für die Soldaten verringert. Dies ist die zentrale Lehre für den nächsten Einsatz", sagte Ashkenazi den Angaben zufolge.

Die Einsatzkräfte hätten auf die geschossen, "bei denen das notwendig war, und nicht auf die gezielt, bei denen das nicht notwendig war". Das Feuer sei erst eröffnet worden, nachdem ein Aktivist einem israelischen Soldaten in den Bauch geschossen habe.

Bei ihrem "maßvollen und gerechtfertigten" Einsatz hätten die israelischen Soldaten "einen kühlen Kopf und Mut" bewiesen, sagte Ashkenazi vor dem Untersuchungsausschuss weiter. Den Vorwurf, bei einigen Aktivisten wiesen die Schüsse auf Hinrichtungen hin, wies er zurück. Einige Schüsse seien aus nächster Nähe abgegeben worden, weil es ein Kampf auf Leben und Tod gewesen sei. So sei einer der israelischen Soldaten mit einer Axt angegriffen worden.

Zur Verteidigung seiner Soldaten wies der Generalstabschef zudem darauf hin, dass ein Einsatz sich nicht ganz genau so ereigne wie vorgesehen, zumal nie restlos alle Informationen zu den Einsatzbedingungen vorlägen. "Der Unterschied zwischen einem Erfolg und einer Komplikation ist so fein wie ein Haar", fügte der General hinzu.

Kritik im Untersuchungsbericht

In einem internen Untersuchungsbericht, der Mitte Juli teilweise veröffentlicht wurde, hatte Ashkenazi allerdings kritischere Töne angeschlagen. Es seien zwar keine Versäumnisse oder Nachlässigkeiten festgestellt worden, "aber es wurden sicher Fehler identifiziert, die in der Zukunft korrigiert werden müssen", hieß es in dem Papier.

Vor Ashkenazi hatten am Montag und Dienstag der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Ehud Barak den Einsatz gegen die Gaza-Flotte vor dem Untersuchungsausschuss verteidigt. Netanyahu ging zudem auf Konfrontationskurs zu den Vereinten Nationen und drohte mit dem Boykott der UN-Untersuchungskommission, die am Dienstag unter israelischer Beteiligung ihre Arbeit aufnahm. Hintergrund ist ein Streit darum, ob das Gremium auch israelische Soldaten befragen darf. (APA)