Die Fensterbranche habe einiges aufzuholen, sagt Christian Klinger, Chef von Internorm. Innovative Gläser seien nicht nur etwas für Freaks.

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Wien - Ein wenig Bedauern löse so ein zugemauertes Fenster in alten Gebäuden bei ihm schon aus, sagt Christian Klinger. Einst hatte eine Fenstersteuer die Wiener dazu bewogen, auf Durchsicht zu verzichten. Aber solange sich ungenutzte Löcher auf Wien allein beschränkten, könne er damit gut leben. Geschäfte in der Stadt seien für ihn preislich ohnehin nicht sehr reizvoll. Er fertige lieber für die privaten Sanierer und Häuselbauer.

Klinger führt von Traun aus in dritter Generationen den Fensterbauer Internorm. Dieser ist mit gut 282 Millionen Euro und 1800 Mitarbeitern der größte in Europa. Die Krise konnte seiner Branche trotz der schwächeren Baukonjunktur bisher nichts anhaben. Internorm verdreifachte den Gewinn im Vorjahr auf 28 Millionen Euro, investiert in eine neue Produktion und schafft damit im kommenden Jahr rund 80 zusätzliche Arbeitsplätze.

Österreicher sanieren

Die Österreicher trugen ihr Geld nicht mehr auf die Bank, sondern sanierten Haus und Heim. Und sie griffen nicht zu billigen Scheiben: Staatliche Förderungen motivierten zum Energiesparen, die Industrie verkaufte unterm Strich zwar kaum mehr - dafür Hochwertigeres. Auch heuer soll der Fenstermarkt fast 810 Mio. Euro wiegen, errechnet Kreutzer Fischer & Partner, 756 waren es vor zwei Jahren.

Dabei habe die Fensterindustrie in Sachen Innovation einiges aufzuholen, glaubt Klinger. Sie habe sich lange auf höhere Energieeffizienz beschränkt. Dabei werde so ein Fenster künftig noch viel mehr Stückerln spielen - nicht nur für Freaks: Die Leute seien längst bereit, für Zusatzleistung zu zahlen.

Theoretisch ließe sich ein Fenster zukünftig wie ein Fernseher bespielen, vermittle da etwa Aussichten aufs Meer. Der Einbruchsschutz ließe sich stark erweitern, bis dahin, dass sich Fenster schließen und Alarm auslösen, nähern sich unautorisierte Personen.

Ähnlich jenen für Autos könnten sich auch Fenster für Gebäude lediglich über Knopfdruck öffnen lassen. Breit sei das Spielfeld bei Lichtdurchlässigkeit, die sich variabel regulieren lasse. Von neuem Design nicht zu reden. Längst keine Zukunftsmusik mehr sei integrierter Schutz vor Insekten wie Sonne und kindersichere Ware.

Hälfte des Geschäfts im Export

73 Prozent des Fensterabsatzes in Österreich basieren auf Gebäudesanierungen. Im Osten lebt die Branche vom Neubau, der im Zuge der Krise völlig ausließ. Internorm erzielt die Hälfte des Geschäfts im Export, weniger als fünf Prozent davon kommen aus dem Osten. Klinger spricht dort von Einbußen von 25 Prozent. Märkte wie Kroatien seien zusammengebrochen. Auch mittelfristig sei die Aussicht für die Fensterbranche im Osten nicht gut: Es fehle der Mittelstand.

Europas Fenstermarkt ist hochfragmentiert. In Österreich führen das Geschäft hinter Internorm Betriebe wie Actual, Josko und Gaulhofer an. Die von Experten vielzitierte Marktbereinigung blieb bisher weitgehend aus, und seit Jahren werden dieselben Unternehmen all ihren Dementi zum Trotz als Verkaufsobjekte gehandelt.

Bei Internorm verhindern rigide Verträge den Verkauf an Fremde, in jeder Generation haben drei Familienmitglieder das Sagen, so Klinger: "Ein Streit hätte also gar keinen Sinn, denn die Spielregeln sind klar." Sein Konzern hat stets externe Manager geholt und sucht nun einen neuen Geschäftsführer. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.8.2010)