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Foto: AP/Cammar

Auch nach einem erneuten Sieg von fast 93 Prozent geht Paul Kagame nicht aus sich heraus. Als der alte, neue Präsident Ruandas nach der Wahl vor jubelnden Anhängern seine Baseball-Kappe in die Hand nahm, sie zur Musik vor seiner Brust nach links und rechts bewegte und dazu mit den Knien wippte, wirkte er, wie so oft, ein bisschen steifer als seine ausgelassene Entourage. Ein bisschen unscheinbarer. Und fast so, als sei ihm die Präsenz auf der großen Bühne in Kigalis Stadion unangenehm.

Doch das Auftreten täuscht. Der schlaksige Mann mit der randlosen Brille, der am Montag für sieben Jahre im Amt bestätigt wurde, regiert das zentralafrikanische Land seit 2000 mit eiserner Härte, zielgerichtet, kompromisslos.

Südkorea und Singapur - diese Staaten hat er als seine Vorbilder genannt. Ruanda soll ein Wirtschaftszentrum und Vorzeigestaat in Afrika werden. Deshalb hat er seinem Land einen radikalen Modernisierungskurs verordnet. Wirtschaftswachstum, Gesundheitsversorgung, Bildung - so lauten die Prioritäten. Auf der Strecke bleiben Meinungsfreiheit, die politische Vielfalt, Demokratie. Nicht wenige nennen ihn einen Diktator.

Doch das ist Kritik, die Kagame nicht gelten lässt - schon gar nicht aus dem Ausland. Die Welt schaute schließlich zu, als beim Völkermord 1994 über 800.000 Tutsis und gemäßigte Hutus umkamen. Dass er als Chef der Tutsi-Rebellen der Ruandischen Patriotischen Front (FPR) den Genozid beendete, ist bis heute einer seiner wichtigsten Machtfaktoren.

Gewalt zwischen Hutus und seiner Bevölkerungsgruppe, den Tutsis, hat Kagame schon in jüngster Kindheit erfahren. 1957 in der Region Gitarama in Zentralruanda geboren, musste er als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Kämpfen nach Uganda fliehen. Dort wuchs er im Flüchtlingscamp auf und trat dann der Nationalen Widerstandsarmee von Yoweri Museveni bei. Unter dem heutigen Staatschef wurde er Chef des Militär-Geheimdienstes.

Der FPR, seiner heutigen Partei, schloss Kagame sich an, nachdem diese im Oktober 1990 von Uganda nach Ruanda einmarschiert war. Kagame weilte gerade in den USA, wo er eine Militärakademie besuchte; nach dem Tod von FPR-Führer Fred Rwigyema brach er die Ausbildung ab und übernahm die Rebellenarmee. Im Juli 1994 eroberten sie Kigali und beendeten den Genozid. Der vierfache Vater wurde zunächst Verteidigungsminister und Vizepräsident. Doch die Fäden zieht er seit damals. (Julia Raabe /DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2010)