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Wer mit negativen Vorurteilen konfrontiert wird, isst zum Beispiel deutlich mehr.

Foto: AP/Matt York

Halle - Menschen leiden länger an negativen Vorurteilen als sie diese selbst verspüren. Das haben Forscher der Universität Toronto an Hand einer Testreihe gezeigt. Nachdem sie ihre Testpersonen mit Stereotypen zur sozialen Identität konfrontierten, zeigten diese mehrere negative Verhaltensweisen. Sie aßen deutlich mehr, waren aggressiver und unkonzentrierter als die Vergleichsgruppe und besaßen - wenig überraschend - auch einen geringeren Selbstwert. Dieser Effekt war auch dann noch gegeben, wenn die am Vorurteil beteiligten Menschen längst vom Testort entfernt waren, berichtet das "Journal of Personality and Social Psychology".

Angst lähmt Anstrengungen

"Zwar sehen wir uns selbst nicht allein so, wie uns andere sehen. Doch wir übernehmen viele der Zuschreibungen von außen", erklärt der Psychologe Lars-Eric Petersen von der Universität Halle-Wittenberg. Gefährlich ist dabei die Furcht, bekannte Stereotypen zu erfüllen. "Werden Vorurteile aktiviert, etwa dass Frauen schlecht in Mathematik sind oder nicht einparken können, so erzeugt das Angst, die ablenkt und Anstrengungen lähmt", erklärt der Experte. Zur Folge hat dies oft schlechtere Leistungen und manchmal auch übermäßiges Essen oder andere Verhaltensänderungen.

Für die Betroffenen ist die Abwehr dieser negativen Folgemechanismen sehr schwierig. "Wichtig ist, sich auf eine Meta-Ebene zu begeben und Vorurteile als solche zu durchschauen. Diese hohe Herausforderung gelingt am ehesten Menschen, die ständig Stereotypen ausgesetzt sind - wie etwa Migranten oder Minderheiten", so der Experte. Erst durch solches Vorgehen könne es gelingen, die Ruhe zu bewahren und der selbsterfüllenden Prophezeiung aus dem Weg zu gehen.

Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Petersen an einem Beispiel. "Ruft jemand bei einem Wissenschaftler mit der Einstellung an, Forscher seien stets arrogant, so ist er vielleicht auch in seiner Frage kurz angebunden und unhöflich. Reagiert der Wissenschaftler entsprechend gekränkt und legt auf, bestätigt er damit nur das Vorurteil. Bleibt er freundlich wie immer, kann er sich zumindest individuell aus dem Stereotyp herausziehen."

Konfrontation als Strategie

Eine andere Strategie ist es, andere direkt damit zu konfrontieren, dass sie durch ihre Vorurteile anderen das Leben schwer machen. Das gelingt am ehesten Menschen, die an eine Einstellungsänderung des anderen durch Worte glauben, schreibt die Psychologin Carol S. Dweck von der Stanford University in der Zeitschrift "Psychological Science". Dieses Vorgehen ist zwar aufwändig, steigert aber das Wohlbefinden des Opfers und kann im Idealfall sogar die soziale Realität verändern. "Wer jemandem widerspricht, der stereotyp handelt, zeigt Hoffnung auf Wandel", so die Psychologin. (pte/red)