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Foto: Hendrik Schmidt dpa

Rom- Die Mafia ist auch in Krisenzeiten das stärkste Unternehmen Italiens. Die Mafia erwirtschaftet jährlich 135 Milliarden Euro, was sieben Prozent des italienischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Das geht aus einem Bericht des italienischen Handelsverbandes "Confesercenti" hervor. Das Hauptgeschäft machen Drogenhandel, Wucher und Erpressungen aus, die den Clans jährlich 40 Milliarden Euro einbringen.

Die reichste Mafia-Organisation ist die kalabresische 'Ndrangheta, die mit ihren Geschäften 2009 einen Umsatz von 44 Milliarden Euro generierte, knapp drei Prozent des BIP. Diese Schätzung hat der Staatsanwalt von Reggio Calabria, Nicola Gratteri, in seinem neuen Buch "La Malapianta" veröffentlicht. Das Geld stamme vor allem aus dem Drogenhandel, so der Autor, der zu den angesehensten Experten auf dem Gebiet zählt. Die kalabresische Mafia erwirtschafteten damit jährlich so viel wie Estland und Slowenien zusammen.

"Mafia kennt keine Krise"

"Die Mafia schreckt nicht zurück und kennt keine Krise", steht in dem Bericht. Es sei jener Sektor der Wirtschaft, der derzeit, trotz aller Schwierigkeiten, am schnellsten wachse. "Von der Nahrungsmittelindustrie über den Tourismus, bis zur Immobilien- und Finanzbranche, die organisierte Kriminalität konsolidiert sich in allen wirtschaftlichen Bereichen des Landes." Aufgezeigt werden auch Verbindungen zwischen italienischen Konzernen, vor allem jenen, die im Infrastrukturbereich aktiv sind, und der Mafia. "Viele dieser Unternehmen bevorzugen es, mit der Mafia eine Einigung zu finden, statt deren Erpressungen anzuzeigen", heißt es in dem Dossier. Das Ergebnis: 1.300 Straftaten gibt es täglich in diesem Bereich. 50 pro Stunde, eine in beinahe jeder Minute. Mehr als 200.000 Unternehmer mit einem Jahresumsatz von rund 20 Milliarden Euro seien 2009 mit der Mafia in Kontakt gewesen.

Keine "Insel der Seligen" mehr

Der Staat mische sich mehr ein, hebt der Bericht hervor, und versuche verstärkt, gegen die Mafia anzukämpfen. So seien in den vergangenen zwei Monaten 200 Flüchtige und 4.000 Mafia-Mitglieder seien festgenommen worden. Die Camorra sei in ihrer Struktur stark geschwächt worden, insgesamt seien Güter im Wert von fünf Millionen Euro beschlagnahmt worden.

Der Bericht bezieht sich bei seiner Untersuchung auf fünf Clans: die Cosa Nostra (Sizilien), die ‘Ndrangheta, die Camorra (Kalabrien), die Sacra Corona Unita (Apulien), und den Clan der Basilischi (Kampanien). Die Mafia beschränke sich schon lange nicht mehr nur auf den Süden des Landes, "Inseln der Seligen" gebe es schon lange keine mehr. So dränge sich die Mafia selbst in bisher verschonte Regionen wie Sardinien und Umbrien vor.

Am Samstag hat die Polizei auf Sizilien Eigentum und Grundbesitz eines verurteilten Mafia-Partners in Höhe von 800 Millionen Euro beschlagnahmt. Dazu gehören unter anderem eine Krebsklinik, ein örtlicher Fußballverein und acht Baufirmen, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Der Multimillionär Michele Aiello wurde wegen Korruption, Betrugs und Zugehörigkeit zum organisierten Verbrechen zu fünfzehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Der 53-Jährige hatte laut Polizei enge Verbindungen zu Bernardo Provenzano, der früheren Nummer eins der Cosa Nostra, der im Jahr 2006 festgenommen wurde. (fin/APA, derStandard.at, 13.8.2010)