Foto: DER STANDARD/Urban

Begrünte Fassaden sollen die Lebensqualität im 6. Bezirk verbessern, wünscht sich Susanne Jerusalem, Bezirksvorsteherkandidatin der Grünen. Im Bezirk will sie auch bei einer Niederlage bleiben.

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Standard: Haben Sie sich Ihren Start als Bezirksvorsteher-Kandidatin in Mariahilf so holprig vorgestellt?

Jerusalem: Ich hätte mir einen flüssigeren Start erwartet, bin aber nicht sehr überrascht.

Standard: Warum?

Jerusalem: Ich kenne die handelnden Personen seit Jahren und weiß, was ihnen zuzutrauen ist.

Standard: Sie meinen die Gruppe rund um Manfred Rakousky?

Jerusalem: Ja. Die Tatsache, dass sie eine demokratisch abgelaufene Wahl nicht akzeptieren können, ist doch etwas Naheliegendes, wenn man die Personen kennt. Ich füge hinzu, dass selbstverständlich jeder das Recht hat, im Bezirk mit einer eigenen Liste anzutreten. Das ist nicht mein Vorwurf. Was mich bewegt, ist, dass sie die Wahl nicht anerkennen und jetzt den Grünen schaden mit ihrer Gegenkandidatur.

Standard: Der Vorwurf lautet aber, dass ihre Wahl zur Kandidatin eben nicht ganz so demokratisch abgelaufen sei.

Jerusalem: Erstens: Es ist hundertprozentig demokratisch abgelaufen. Niemand hat mich in diese Funktion eingesetzt, sondern ich habe mich einer Wahl gestellt und diese sehr hoch gewonnen. Zweitens: Die Liste "Echt Grün" hat den minderheitenfreundlichen Wahlmodus abgelehnt. Bei diesem werden abgesehen von der Spitzenkandidatin in einem Viererblock gewählt und man muss immer drei Kandidaten ankreuzen. Das hebt die Chance, dass ein sehr vermischtes Ergebnis herauskommt. Ich bin überzeugt, dass so mindestens zwei aus der Gruppe drinnen gewesen wären.

Standard: Es gibt auch den Vorwurf, dass Leute angekarrt wurden, um das System zu unterlaufen?

Jerusalem: In Mariahilf gibt es 84 Wahlberechtigte der Grünen, von diesen haben zehn Leute erst die Mitgliedschaft beantragt, als sie von meiner Kandidatur hörten. Aber ich habe niemanden darum gebeten, das zu tun. Diese Zahlen entkräften die Vorwürfe.

Standard: Warum wurden eigentlich die Bezirksgelder noch vor dem Ausschluss der "Echt Grünen" eingefroren?

Jerusalem: Die Bezirksgelder sind Gelder der Grünen. Auch ich als Spitzenkandidatin hatte keinen Zugriff darauf.

Standard: Wie soll nach der Wahl die Zusammenarbeit mit der anderen grünen Liste funktionieren?

Jerusalem: Ich bin ja Politikerin und es handelt sich nicht um meinen Freundeskreis. Darum werde ich in der Sachpolitik immer die Zusammenarbeit suchen, mit denen, die auf unserer politischen Linie liegen. Die derzeitigen Turbulenzen werden sich nicht auf die politische Arbeit auswirken.

Standard: Was wollen Sie im 6. Bezirk verändern?

Jerusalem: Den innerstädtischen Raum, wenn wir wollen, dass die Menschen hier leben und sich hier gerne aufhalten. Das muss der Bezirk leisten und das betrachte ich als meine Aufgabe.

Standard: Welche Änderungen wollen die Menschen in Mariahilf, wenn Sie mit ihren reden?

Jerusalem: An allererster Stelle steht der Wunsch nach mehr Grünraum. Leute, die in der Äußeren Gumpendorferstraße bis zum Gürtel wohnen, wollen weniger Durchzugsverkehr.

Standard: Wie soll es mehr Grünraum im 6. geben?

Jerusalem: Das Wiental soll zum Naherholungsgebiet werden, wo man in der Sonne sitzen kann, wo es Grünflächen, Parks und einen durchgehenden Radweg gibt. Das würde Lebensqualität für den Bezirk bringen. Weiters Dachbegrünungen für die Allgemeinheit - wir haben das Dach der Windmühlgarage vorgeschlagen, das wären 2000 Quadratmeter.Wo immer Steuergelder fließen, kann man verlangen, das sie es für die Allgemeinheit tun. Ob die Fläche dann eine Ruhezone oder ein Beachvolleyplatz oder was auch immer wird, sollte die Bevölkerung entscheiden können. Man könnte weiters mit dem Einverständnis der Hausbesitzer Fassaden begrünen. Generell sollen die Menschen bei Vorhaben im Bezirk das Recht haben, mitzureden und mitzudenken. Ich bin eine absolute Anhängerin einer demokratischen Politikkultur.

Standard: Halten Sie nach den innerparteilichen Turbulenzen die Chancen der Grünen in Mariahilf weiterhin für intakt?

Jerusalem: Es ist sicher schwieriger geworden. Unser Ziel bleibt aber dasselbe. Wir gehen davon aus, dass sich die Menschen in den nächsten zwei Monaten auch wieder mit Inhalten beschäftigen werden. Die Leute wollen ja eine Partei wählen, die etwas zusammenbringt und die aus guten Politikerinnen und Politikern besteht.

Standard: Werden Sie in der Bezirkspolitik bleiben, auch wenn sie nicht Bezirksvorsteherin werden?

Jerusalem: Ja, ich bin nämlich ganz bewusst in die Bezirkspolitik gegangen. In den 19 Jahren im Gemeinderat war ich abwechselnd für Integration, Kinder, Jugendliche, Soziales zuständig, am Schluss ausschließlich für Bildung. Nach dieser thematischen Einengung möchte ich jetzt wieder eine breiteres Themenspektrum und das habe ich in einem Bezirk.

Standard: Was würden Sie anders machen als die derzeitige Bezirksvorsteherin?

Jerusalem: Ich kann dem Bürgermeister auf die Füße steigen. Eine rote Bezirksvorsteherin übt auf den Bürgermeister keinen Druck aus, sondern sie verwaltet für ihn den Bezirk. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, 14./15.8.2010)