Wien - Wenig überrascht ist der Wiener Infektionsspezialist Wolfgang Graninger (AKH Wien) von Meldungen über neue Stämme von Bakterien, die praktisch gegen alle verfügbaren Antibiotika resistent sind. "Diese Entwicklung war absehbar, wir warnen schon seit vielen Jahren", so der Wissenschafter gegenüber der APA. Die superresistenten Keime wurden vermutlich über Schönheitsoperationen in Indien etwa nach Australien und Großbritannien verbreitet.

Nein, es handelt sich beim Keim, der unter dem Namen NDM-1 durch die Medien geistert nicht um ein neues Superbakterium, stellte Graninger klar. Die Bakterien selbst sind alte Bekannte, Escherichia coli und Klebsiella sp., die sich aber jetzt die Möglichkeit zur Produktion des Enzyms NDM-1 einverleibt haben. Zusätzlich zu bereits bestehenden Resistenzen sind die Keime nun auch gegen sogenannte Peneme immun, die bisher gegen mehrfach resistente Bakterien hilfreich waren.

Wirkstoffe nicht gut verträglich

"Was mit den Infizierten passieren wird? Nun, wir haben schon noch Wirkstoffe die auch diese Keime in Schach halten, allerdings sind diese Mittel teilweise nicht gut verträglich. Sie werden etwa am AKH nur unter strengen Auflagen eingesetzt", so Graninger. Mitverantwortlich, dass sich überhaupt Resistenzen entwickeln, ist laut dem Infektionsspezialisten der allzu freizügige Umgang mit Antibiotika. Wenn Mediziner ständig Breitband-Antibiotika verschreiben, die gegen viele Bakterien wirken, ist es laut Graninger nur eine Frage der Zeit, bis sich unempfindliche Stämme entwickeln.

Ist ein solcher Stamm einmal eingedrungen - etwa über eine Operation oder eine Wunde - so kann man ihm mit der weiteren Gabe von Antibiotika sogar noch fördern, weil alle Konkurrenten ausgeschaltet werden. Der eine resistente Keim kann ohne Konkurrenz praktisch den ganzen Körper nach Belieben befallen.

Ein Mittel, wie derart resistente Bakterien wieder unschädlich gemacht werden, ist konsequente Quarantäne. So sollten etwa heimgeholte Kranke, die zuvor in Ländern behandelt wurden, die für einen freizügigen Umgang mit Antibiotika bekannt sind, vorsorglich isoliert werden. "Etwa die Niederlande praktizieren das seit langem erfolgreich", so Graninger. (APA)