Paris - Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy stößt mit seinem harten Kurs gegen Roma nun auch in der eigenen Partei auf Ablehnung. Die angeordneten Räumungen von Roma-Siedlungen seien "schändlich", kritisierte der Abgeordnete Jean-Pierre Grand von Sarkozys konservativer Regierungspartei UMP am Wochenende. Aus Protest gegen die Räumung ihrer Siedlung blockierten am Sonntag Hunderte Roma bei Bordeaux eine Hauptverkehrsstraße.

Der UMP-Politiker Grand kritisierte am Samstag in einer Erklärung, er fühle sich durch die Einsätze gegen die Roma-Siedlungen an die "Zusammentreibungen" während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Die Behörden kämen "früh am Morgen, reißen Familien auseinander, schicken Männer auf die eine Seite und Frauen und Kinder auf die andere und drohen damit, Mütter und Kinder zu trennen", erklärte Grand.

Zuvor hatte die Polizei in Montreuil im Großraum der Hauptstadt Paris ein Haus geräumt, in dem sich etwa 70 Roma aufhielten. Die Gruppe war vor wenigen Tagen in das seit mehreren Jahren leerstehende Gebäude gezogen, nachdem sie Ende Juli bereits ein anderes Haus verlassen musste. Zwischenzeitlich campierte die Gruppe auf einem Fußballfeld. Bei der Räumung am Samstag wurden laut Polizeiangaben 16 Roma zwischenzeitlich festgenommen. Den meisten der Festgenommenen sei auferlegt worden, Frankreich zu verlassen.

Im Zuge einer Offensive zur inneren Sicherheit hatte die Regierung von Staatschef Sarkozy Ende Juli angekündigt, dass rund die Hälfte der insgesamt 600 wilden Roma-Siedlungen in Frankreich geräumt und Straftäter aus den Reihen der Minderheit umgehend nach Rumänien oder Bulgarien abgeschoben würden. Innenminister Brice Hortefeux hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass bereits mehr als 40 nicht genehmigte Roma-Siedlungen aufgelöst wurden. Rund 700 Menschen müssen demnach nach Bulgarien oder Rumänien zurückkehren.

In der westfranzösischen Stadt Bordeaux kam es am Sonntag zu dem ersten großen Roma-Protest gegen den harten Kurs der Regierung. Dort blockierten Roma mit rund 250 Autos und Wohnwagen auf beiden Spuren eine große Ausfallstraße und verursachten Staus von mehreren Kilometern Länge. Die Roma hatten am Morgen ihre Siedlung in Anglet im Süden von Bordeaux auf Anordnung der Behörden verlassen. Zudem wurde ihnen verboten, sich daraufhin auf dem Parkplatz eines Ausstellungsgeländes nahe Bordeaux niederzulassen.

Während 79 Prozent der Franzosen den Abriss illegaler Roma-Lager einer Anfang August erhobenen Umfrage zufolge unterstützen, rief der Regierungskurs bei Opposition und Menschenrechtsgruppen harsche Kritik hervor.

Die Linkspartei (Parti de Gauche/PG) warf der Regierung am Sonntag in einer Erklärung eine "diskriminierende Politik" und "barbarisches" Vorgehen vor, das umgehend beendet werden müsse. Durch die drohenden Abschiebungen habe sich die Lage der Roma massiv verschlechtert, bemängelte eine Vertreterin der Vereinigung Romeurope, Michele Mezard, am Samstag. In der Region um Saint-Etienne im Südosten des Landes versteckten sich manche Roma inzwischen in Wäldern vor dem Zugriff des Staates, sagte sie AFP. (APA)