Salzburg - Gar nicht so überraschend, einen Filmschauspieler wie Gérard Depardieu für Iwan den Schrecklichen zu engagieren. Das Werk ging ja aus einer Zusammenarbeit zwischen Sergej Eisenstein und Sergej Prokofjew hervor. Man arbeitete an dem Streifen, der nie fertig wurde, mitten im Zweiten Weltkrieg unter der Aufsicht des Politapparats. Erst posthum wurde die Musik von Abram Strassewitsch in die nun gehörte Oratorien-Form gebracht. Depardieus Teilnahme erinnert also an die Filmherkunft des Werks.

In der Rolle als erster russischer Zar ist der Franzose ganz der zornige Monarch, bei dem selbst Flehen schnell zu Fluchen wird. Als wollte er für diese Figur ja keine Sympathie aufkommen lassen, setzt Depardieu auf wütenden Expressionismus. Wobei die Wirkung seiner Darbietung sicher gewonnen hätte, wäre er im Großen Festspielhaus nicht als lesender Darsteller unterwegs gewesen.

Es ist dies letztlich unerheblich - dieses Werk birgt vieles: Es hat eine eigenartige kollektive Brutalität (Wiener Staatsopernchor), wenn bedrohlich-triumphal von "den Knochen der Feinde" gesungen wird; es hat intime Stellen, an denen Olga Borodina ihre Mezzo-Routine ausspielen kann (an ihrer Seite der delikate Bass Ildar Abdrazakov und Jan Josaf Liefers als emphatischer Sprecher). Und es hat instrumentale Beispiele hoher Inspiration. Immer wieder treten scharfkantige Melodik und Momente von stechender Intensität in den Vordergrund; Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker setzen sie kultiviert um. Bisweilen lässt Muti dem Bombast vollste Entfaltung angedeihen, was ein etwas heftiges Dröhnen auslöste. Der Applaus aber übertraf fast auch dieses. (tos, DER STANDARD/Printausgabe 16.8.2010)