Bild nicht mehr verfügbar.

David Petraeus.

Foto: AP Photo/Dusan Vranic

Bild nicht mehr verfügbar.

Der General tritt beim Abzug der US-Truppen aus Afghanistan auf die Bremse

Foto: AP Photo/Musadeq Sadeq

Bild nicht mehr verfügbar.

Obama möchte im Juli 2011 mit dem Abzug beginnen, ...

Foto: AP Photo/J. Scott Applewhite

Bild nicht mehr verfügbar.

... Petraeus erst mal schauen. Das Datum für den Abzug sei nicht in Stein gemeißelt.

Foto: REUTERS/Thierry Roge

Bild nicht mehr verfügbar.

Petraeus-Vorgänger: Stanley McChrystal.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst/Files

Washington - Der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, David Petraeus, hat sich vorsichtig zum Termin für den geplanten Abzug amerikanischer Soldaten geäußert. Der von US-Präsident Barack Obama angestrebte Beginn des Rückzugs im Juli 2011 werde von den Umständen zu dem Zeitpunkt abhängen, sagte Petraeus in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem TV-Sender NBC. Der Beginn des Rückzugs sei ein "Prozess und kein Ereignis" und außerdem "an bestimmte Bedingungen gebunden". Es war das erste Interview seit Petraeus Stanley McChrystal Ende Juni in seiner Funktion als Afghanistan-Kommandeur der Nato nachfolgte.

Der Kampf gegen die Taliban sei ein Prozess mit Höhen und Tiefen. Der Erfolg könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden, der Termin sei nicht in Stein gemeißelt. In einzelnen Regionen gibt es Petraeus zufolge Fortschritte, diese müssten jedoch ausgeweitet werden. Er habe mit Obama eine "gute Diskussion" über das Thema gehabt, sagte der General.

Gates über Übergabe: "Frühestens im Frühling, mit Sicherheit aber im Sommer"

Obwohl die US-Truppen bereits seit neun Jahren in Afghanistan seien, würden sie dort erst seit zwölf Monaten Erfolge erzielen, zitiert die "New York Times" vergangene Woche einen hohen US-Regierungsbeamten. Man müsse deshalb darüber nachdenken, wie eine längerfristige Präsenz in dem Land aussehen könne.

Außerdem wolle Petraeus die Nato-Verbündeten stärker einbeziehen, indem er sie häufiger um Rat frage und um Mitwirkung bitte. Die Hoffnung sei, den Alliierten das Gefühl zu geben, mehr Einfluss auf die Geschehnisse in dem Krieg zu haben.

US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte der "Los Angeles Times" unterdessen, die Nato-Truppen am Hindukusch könnten "frühestens im Frühling, mit Sicherheit aber im Sommer" kommenden Jahres mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen beginnen. Diese könnten dann zunächst in "weniger gewaltsamen Gebieten" die Kontrolle übernehmen.

Quelle: Politico.com

Zustimmung in USA im Sinkflug

Seit dem Beginn des Einsatzes in Afghanistan vor knapp neun Jahren sind bereits mehr als 2000 ausländische Soldaten getötet worden. Angaben der unabhängigen Website icasualties.org zufolge starben seit der US-geführten Invasion Ende 2001 insgesamt 2002 NATO-Soldaten, darunter 1226 US-Soldaten und 331 Einsatzkräfte aus Großbritannien, dem zweitgrößten Truppensteller in Afghanistan. Allein in diesem Jahr wurden bisher 434 Angehörige der internationalen Schutztruppe ISAF getötet, im bisher blutigsten Jahr 2009 waren es insgesamt 521.

Der Einsatz am Hindukusch wird vielerorts in der Bevölkerung immer unpopulärer. Auch in den USA sinkt die Zustimmung zur Teilnahme an dem militärischen Konflikt zusehends. Der Juli 2010 war mit 66 getöteten US-Soldaten zudem der verlustreichste Monat für das Land.

Osama "wahrscheinlich in abgeschiedener Region in den Bergen Afghanistans oder Pakistans"

Der Terroristenführer Osama bin Laden hält sich nach Einschätzung des Afghanistan-Kommandeurs wahrscheinlich in einer abgeschiedenen Region in den Bergen Afghanistans oder Pakistans versteckt, sagte er in dem Interview weiter. Niemand wisse genau, wo sich der Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida aufhalte, sagte Petraeus am Sonntag.

Die Tatsache, dass Bin Laden vier Wochen benötigt habe, um Botschaften zu veröffentlichen, spreche aber dafür, dass er sich in eine "sehr isolierte" Region zurückgezogen habe. Der Al-Kaida-Chef hatte einen Monat nach einem vereitelten Anschlag auf eine US-Passagiermaschine an Weihnachten die Verantwortung für den Anschlagsplan übernommen. Bin Laden sei aber weiterhin eine "Ikone" des Terrorismus, sagte Petraeus. Es sei daher nach wie vor sehr wichtig, ihn zu fassen oder zu töten.

Vier-Sterne-General und Hoffnungsträger

Am 2. Juli 2010 wurde Petraeus zum Kommandeur über die US-Forces und die internationale ISAF-Truppe (International Security Assistance Force; unter Nato-Führung) in Afghanistan ernannt. Sein Vorgänger war von seinem Posten zurückgetreten, nachdem er sich öffentlich abschätzig über die US-Regierung geäußert hatte. Der US-General war seit Juni 2009 Kommandeur der ISAF in Afghanistan. Obwohl Präsident Obama McChrystal den Rücken gestärkt hat, verhöhnte der ihn und weitere Mitglieder der Regierung in einem Interview mit dem "Rolling Stone"-Magazin. Die veröffentlichten Lästereien kosteten den Oberbefehlshaber des Afghanistan-Einsatzes seinen Job.

Für US-Präsident George W. Bush war er der Hoffnungsträger im Irak, unter Nachfolger Barack Obama soll der Vier-Sterne-General David Petraeus nun den Kriegskarren in Afghanistan aus dem Dreck ziehen. Schon bei seiner Ankunft bei den Soldaten im Irak im Februar 2007 legte er eine für die Zeit ungewöhnlichen Optimismus an den Tag: Die Lage sei schwierig, aber nicht hoffnungslos, erklärte er. Das war typisch für den 57-jährigen Heeresgeneral, zu dessen Markenzeichen stets die unerschütterliche Überzeugung gehörte, dass man alle Ziele erreichen kann, wenn man sie ohne Zaudern mit aller Kraft ansteuert. Dieses überaus robuste Selbstvertrauen gehörte zu den Hauptgründen Bushs, seine Truppenaufstockung im Irak mit der Berufung dieses Mannes zum Oberbefehlshaber der dortigen US-Streitkräfte zu verknüpfen.

Im Irak war Petraeus, der an der Elite-Universität Princeton mit einer Arbeit über die "Lehren für das Heer aus dem Vietnamkrieg" promovierte, von Anfang an dabei. Als Kommandant führte er die 1. Luftlandedivision bis Bagdad. Dann übernahm er die Kontrolle im Nordirak mit der Stadt Mossul und leitete von 2004 bis 2005 die Ausbildung der irakischen Armee. Als er am 10. Februar 2007 das Oberkommando über die amerikanischen Truppen im Irak übernahm, nannten viele Militärexperten dies die "aussichtsloseste Aufgabe seit der von General Creighton Abrams in Vietnam". (fin/AFP/APA, derStandard.at, 16.8.2010)