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Barrikade im von Usbeken bewohnten Steil der südkirgisischen Stadt Osch

Foto: AP/Sergei Grits

Bischkek - Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat den kirgisischen Sicherheitsbehörden vorgeworfen, bei der Aufarbeitung der Ausschreitungen vom Juni schwere Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Die Sicherheitskräfte hätten zudem während der Unruhen selbst "bewusst oder unbewusst" Angriffe auf die usbekische Minderheit ermöglicht, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht von HRW. Bei den ethnischen Unruhen zwischen Kirgisen und Usbeken im Süden der ehemaligen Sowjetrepublik starben Mitte Juni Schätzungen zufolge bis zu 2000 Menschen. Zentrum der Ausschreitungen war die Stadt Osch.

HRW spricht in dem Bericht von mehr als 3500 Fällen von Misshandlung seit dem Ende der Unruhen. Sicherheitskräfte würden regelmäßig willkürlich Menschen festnehmen und sie dann im Polizeigewahrsam misshandeln oder foltern. Opfer berichteten HRW, sie seien gewürgt, getreten und mit Gummiknüppeln geschlagen worden, Beamte hätten mindestens auf einem Opfer Zigaretten ausgedrückt. Mindestens ein Inhaftierter sei an den Folgen der Misshandlungen gestorben.

Während die Behörden behaupteten, bei der Verfolgung von während der Unruhen begangenen Verbrechen sowohl Kirgisen als auch Usbeken ins Visier zu nehmen, würden Usbeken die Mehrheit der Inhaftierten ausmachen. Einige der Sicherheitskräfte seien offenbar "eher Teil des Problems als der Lösung", erklärte HRW-Experte Ole Solvang.

"Mob Deckung gegeben"

Der Menschenrechtsorganisation zufolge spielten die Sicherheitskräfte auch während der Ausschreitungen eine unrühmliche Rolle. Zeugen aus den zerstörten usbekischen Vierteln hätten übereinstimmend berichtet, dass Männer in Tarnuniformen in gepanzerten Militärfahrzeugen von den Bewohnern provisorisch errichtete Barrikaden abgebaut hätten. Dadurch erst sei es dem Mob möglich gewesen, in die Wohngebiete einzudringen, auf die Bewohner zu schießen, die Häuser zu plündern und niederzubrennen.

Als die Sicherheitskräfte die Bewohner der betroffenen Viertel entwaffnen sollten, hätten sie in einigen Fällen "entweder absichtlich oder unabsichtlich dem gewalttätigen Mob Deckung gegeben", heißt es in dem Bericht. Es müsse daher untersucht werden, ob die Truppen auch aktiv an den Angriffen teilgenommen hätten. Die Präsidentin des zentralasiatischen Landes, Rosa Otunbajewa, hatte zuvor bereits in einem Interview eingeräumt, Sicherheitskräfte hätten Menschenrechtsverletzungen begangen.

HRW zufolge begannen die Unruhen am 10. Juni nach einer kleinen Auseinandersetzung zwischen Kirgisen und Usbeken in einem Casino im Zentrum von Osch. Daraufhin habe sich eine "große Gruppe ethnischer Usbeken" versammelt. Als Kirgisen angegriffen und Gebäude in Brand gesetzt worden seien, hätten die Kirgisen ihrerseits Usbeken attackiert. Tausende seien aus der Gegend in die Stadt geströmt und hätten usbekische Wohnviertel geplündert. (APA)