Tomás Bat'a: menschenfreundlicher "Ausbeuter"

Foto: Interna Verlag

Tomás Bat'a, geboren 1876 in Zlín, gründete 1894 seine Firma. Seitdem ließ ihn der Gedanke, Schuhe industriell zu fertigen, nicht mehr los. In wenigen Jahrzehnten wurde er zum Weltmarktführer, der die Maschinen liebte und seine Arbeiter schätzte, ihnen Häuser baute, Krankenhäuser, Kinderkrippen, Kinos, ihnen sauberes Trinkwasser brachte und einen privaten Garten. Gärtnern ist gesund, macht müde und ist somit konterrevolutionär, dachte der Chef, der zeitweise auch Bürgermeister seiner Stadt war.

Natürlich dachte er zuallererst an die Firma. Ein überall in Zlín, damals Teil des Habsburgerreichs, heute Tschechische Republik, plakatiertes Motto gab den Takt vor: "Dem Menschen das Denken, der Maschine die Plage."

Zlíns Schuhfabrik zog tausende Arbeiter aus ganz Mähren an. Bat'a schwor sie auf Effizienz ein, "beutete sie aus", wie das Berliner Kammergericht festhielt, nachdem der sowjetrussische Schriftsteller und Journalist Ilja Ehrenburg 1931 die Zustände im Reich des "Stiefel-Mussolini" (Ehrenburg) angeprangert hatte und der Geschmähte einen Prozess anstrengte.

Die Kehrseite der "Ausbeutung": Der Schuhfabrikant bezahlte seine Mitarbeiter - Bat'a gebrauchte schon damals diesen Begriff - besser als vergleichbare Arbeitgeber, beteiligte sie am Gewinn, kümmerte sich um ihre Gesundheit ("Wasch deine Hände nach der Arbeit!", "Zieh oft reine Wäsche an!", "Schwächt eure Körper nicht durch Laster wie Trunksucht, Rauchen oder Ähnliches!") - und um ihre Bildung: "Wenn ihr in die Welt hinauskommt, bedient euch der Sprache des Volkes, in dessen Mitte ihr weilt. Seid ihr dieser Sprache nicht mächtig, dann redet in eurer Muttersprache, aber leise." (am, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 17.8.2010)