Die Düsseldorfer Kunstakademie ist spätestens seit Beuys' Tagen ein Hort großer zeitgenössischer Namen. Woran sich, seitdem Tony Cragg die Leitung von Markus Lüpertz übernahm, nichts geändert hat. Allerdings wurde von dort ein Kunst-Sturm à la Beuys schon lange nicht mehr losgetreten. Immerhin zählt auch Fotokünstler Andreas Gursky zu den lehrenden Neuerwerbungen. Indes leitet Gursky, wer hätte das gedacht, derzeit eine Malerei-Klasse.

Dies allerdings wird geradezu kosmisch erklärbar in einer Ausstellung des Bonner Kunstmuseums, betitelt Der Westen leuchtet, die wahrlich nicht nur Gurskys fotografische Riesentafeln aus der aktuellen Ocean-Serie zeigt. Gursky blähte und bearbeitete Satellitenbilder, stauchte virtuell die Erdmassen links und rechts des Pazifiks so, dass diese an den Rändern nur noch den Rahmen für sehr, sehr viel am Computer aufgewühltes, pulsierendes Meeres-dunkelblau bilden. Zwischen meteorologischer Präzision und Farbfeld-Meditationen kann sich der Betrachter assoziativ zurechtfinden - grandios! Was hier - siehe Tagesaktualität - mitschwingt, muss nicht betont werden.

Nur wenige Räume weiter ist Gurskys "Patenkind" einquartiert. Es handelt sich um den Bildhauer Bernd Kastner, fast gleich alt wie der Pate selbst, geboren 1957. Zu sehen sind Terrakotta-Figurationen, mit immer wieder neuen Lasurschichten behaftet, dabei wie von Lava umspült und erstarrt. Das verwandtschaftliche Werkverhältnis ist in diesem Fall also nicht gerade eng und für den Besucher schwer nachvollziehbar.

33 Räume, 33 Künstler

Das steht aber auch gar nicht im Mittelpunkt der gigantischen Ausstellung. Grundsätzlich geht es darum, dem Gerücht entgegenzuwirken, im Rheinland gingen allmählich künstlerisch die Lichter aus: Art Cologne und Kölns Kulturpolitik in der Dauerkrise, wenig Visionäres in den Programmen der großen Häuser, Exodus des Kunsthandels und der jungen Künstler Richtung Berlin. Deshalb wurde in Bonns Kunstmuseum, ausgestattet mit dem repräsentativsten Spektrum deutscher Kunst seit 1945, eine Art Neueinrichtung in Form von 33 Künstlern in 33 Räumen vorgenommen.

Das West-Leucht-System offeriert zunächst einen Kern aus arrivierten Rheinland-Größen, darunter Beuys, Cragg, Knoebel, Palermo, Polke und Richter. Zu den 14 "Paten" - mit absolut freier kuratorischer Patenkind-Wahl, die den roten Faden also nicht bieten will - gehören etwa Bernhard Johannes Blume, Isa Genzken, Georg Herold, Albert Oehlen, Marcel Odenbach, Thomas Schütte oder Rosemarie Trockel.

Unter den "Patenkindern" dieses Kunsterfassungsversuchs der Rheinland-Region, die Neues entdecken will und Bekanntes selbstbewusst belebt, sind mehrheitlich 1970er-Jahrgänge, die halbwegs bekannt sind. So ist der Cragg-Schüler Gereon Krebber keine Überraschung. Wobei die anschwellend eleganten Organismen des Meistern in den verkohlten Rinderschlündern von Krebber (Hinein und hinunter, 2010) nicht nachzuweisen sind. Ähnlich reizvoll ist die schwarz stilisierte Fotokunst Jürgen Klaukes, der mit Patenkind Christian Keinstar überrascht. Dessen tonnenschwere Konglomerate aus Abbruch-Stahlbeton sind durch rot glühende Metallfäden erhitzt. (Roland Groß, DER STANDARD - Printausgabe, 17. August 2010)