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Durch die extreme Trockenheit ist in Russland die Getreideaussaat auf einem Viertel der bestellten Flächen vernichtet worden. Produzenten nutzen dies als Begründung für Preissteigerungen.

Foto: AP/Ivan Sekretarev

Nicht nur Hitze und Waldbrände machen den Russen derzeit zu schaffen. Lebensmittel werden empfindlich teurer. Premier Putin vermutet Spekulation hinter den Preisanstiegen und ordnet eine Kartellprüfung an.

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Moskau - Innerhalb weniger Tage hat sich Brot in der russischen Metropole Moskau um 20 Prozent verteuert. Viele Produzenten würden die hitze- und brandbedingten Ernteausfälle als Vorwand nehmen, um die Preise zu erhöhen, vermutet Premierminister Wladimir Putin. Die russische Wettbewerbsbehörde FAS hat nun begonnen, russlandweit mehrere Dutzend Brotproduzenten unter die Lupe zu nehmen. Präsident Dmitri Medwedew ordnete auch eine Überprüfung der Molkereien an.

"Unehrliche Marktteilnehmer sollten verstehen, dass sie besser im Rahmen des Gesetzes handeln sollten, oder ihre Verluste durch Strafzahlungen werden die Gewinne, die sie durch spekulative Instrumente lukrieren wollen, um ein Vielfaches übersteigen", sagte Putin. Die Strafen können laut Igor Artemjew, Direktor der Wettbewerbsbehörde, ein bis 15 Prozent des jährlichen Umsatzes betragen.

Um den Preissteigerungen Herr zu werden, hat Artemjew vorgeschlagen, eine Getreidebörse einzurichten. So könnten die zahlreichen Zwischenhändler zwischen Produzenten und Handel eliminiert werden. Über die Börse sollten alle Exportverträge sowie 15 Prozent des Inlandsgeschäfts abgewickelt werden. Regierungschef Putin ordnete an, dass FAS und das Wirtschaftsministerium die Einführung einer Getreidebörse prüfen.

Experten messen dieser Idee allerdings keine großen Chancen bei und sind der Meinung, dass die Preiserhöhungen nicht allein durch Spekulation verursacht werden. Immerhin haben Dürre und Brände ein Viertel der russischen Getreideproduktion vernichtet. Der Mehlpreis hat sich seit Juni um 75 Prozent auf 10.500 Rubel (rund 268 Euro) pro Tonne erhöht. Der Preis für Buchweizen hat sich seit Dezember 2009 vervierfacht.

Der Versuch, die Inlandspreise durch ein Exportverbot von Getreide im Zaum zu halten, ist bisher jedenfalls noch nicht gelungen. Das Embargo ist seit dieser Woche in Kraft und soll bis Jahresende gelten. In einigen Fällen hat sich das Exportverbot sogar als kontraproduktiv herausgestellt. Einige Produzenten in Südrussland würden Getreide horten, um es dann nach Aufhebung des Embargos teuer in Europa verkaufen zu können, sagte Artemjew.

Russische Medien berichten, dass in den nächsten Wochen den Russen weitere Preisanstiege ins Haus stehen werden. Die großen Einzelhandelsketten verhandeln derzeit mit den Lebensmittelproduzenten über Preiserhöhungen. Teilweise würden sich die Preise für die Grundnahrungsmittel Brot, Milch, Speiseöl und Buchweizen verdoppeln. Die Supermarktkette Sedmoj Kontinent (Siebenter Kontinent) hat daher ihren Liefervertrag mit den Milchproduzenten Danone und Unimilk gekündigt. Sie forderten um 31 Prozent höhere Preise. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.8.2010)