An der "Riviera von Brioni" sollen sich über die Hypo Alpe Adria höchst umstrittene Grundstückdeals abgespielt haben, die heute im Zentrum österreichischer und kroatischer Ermittler stehen.

Foto: STANDARD/Gansrigler

Klagenfurt - Warum wollte Ex-Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer mit den 130.000 Euro, die er anlässlich seiner Festnahme vergangenen Freitag bei sich hatte, unbedingt in eine neues Wiener Büro übersiedeln? Die Antwort darauf könnte direkt zu einem Filz aus Hypo-Profiteuren und weiter zu jener "kriminellen Vereinigung" führen, die laut CSI-Hypo-Chef Wolfgang Peschorn vorsätzlich persönliche Bereicherung betrieb, zu Lasten der Bank und der Steuerzahler.

Möglicherweise wollte Kulterer mit seiner überraschenden Übersiedlung auch räumliche Spuren in Wien verwischen. 2009 hatte er sich ja als Agroinvestor über die Firmen Agroeast und deren Tochter ETN in Rumänien ein neues berufliches Standbein aufgebaut. In der Gegend um Timisoara hat Kulterer gemeinsam mit potenten Investoren mehrere tausend Hektar Ackerland angekauft und baut heute dort Weizen an. Der Firmensitz von Agroeast und ETN befindet sich an nobler Adresse: Wien I, Kohlmarkt 1. Genau dort hatte es am Tag von Kulterers Verhaftung ebenfalls eine Hausdurchsuchung gegeben. Die Agroeast residiert am Kohlmarkt pikanterweise Tür an Tür mit der Privatstiftung Andreas Adami und der Firma Tecto.

Beide standen in direkter Geschäftsverbindung mit der Hypo Alpe Adria im Zusammenhang mit umstrittenen Grundstücksdeals an der "Riviera von Brioni" , der Küste Istriens, für die sich jetzt die Sonderermittler in Österreich und in Kroatien brennend interessieren. Jörg Haider war der Türöffner.

"Kriminelle Bedingungen"

"... Die Hypo Alpe Adria Bank mit Kulterer und Günther Striedinger sind durch die Zusammenarbeit mit Einzelpersonen aus der Politik unter konkreten kriminellen Bedingungen an die wertvollsten Liegenschaften gekommen ... Dort hat man in zwei Schritten, zunächst dem österreichischen Käufer, vertreten durch die Hypo Alpe Adria Bank, anschließend einem einheimischen Käufer, der der SDP nahestand - den Kauf von Grund an der Meeresküste zum lachhaft niedrigen Preis und damit dem Versprechen, die Grundstücke nach dem Kauf in Baugrund umzuwidmen, ermöglicht" , heißt es dazu in kroatischen Ermittlungsunterlagen, die dem Standard vorliegen. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Konkret ging es dabei um den Verkauf von 347.000 Quadratmetern unberührter Meeresküste durch lokale Gemeindepolitiker von Vodjan um 5,12 Euro an die Firma Darja und weitere 751.000 Quadratmeter um 7,35 Euro an die Firma AB Maris. Wenig später wurde das Naturschutzgebiet mit mehr als hundertfachem Gewinn umgewidmet. Beide Firmen Maris und Darja waren damals zu 50 Prozent im Besitz der Hypo, zu 25 Prozent in Besitz des Klagenfurter Rechtsanwalts Gerhard Kucher und zu 25 Prozent im Besitz der Firma Tecto, deren Miteigentümer FPÖ-Finanzreferent Detlev Neudeck war. In der Tecto Immobilienvermietung GmbH scheinen laut Firmenbuchauszug 2002 unter anderen auch die Andreas Adami Privatstiftung und die Detlev Neudeck Privatstiftung auf.

Ermittlungen auch gegen Sanader

Die Adami Privatstiftung wiederum taucht auch in der Agroeast (Geschäftsführer ist Wolfgang Kulterer) als Gesellschafter auf. Mitgesellschafter in der Agroeast wiederum sind Kika-Leiner Boss Herbert Koch und dessen Frau Friederike. Koch war auch bis 2004 Hypo-Aufsichtsrat und Mitglied der Tilo-Berlin-Investorengruppe, die beim Verkauf der Hypo an die bayrische Landesbank einen goldenen Schnitt von 150 Mio. Euro machte. Koch kam ebenfalls mit einem umstrittenen Grundstückskauf am Wörthersee in die Schlagzeilen. Seine Frau kaufte 2009 von der Hypo-Tochter Kärntner Holding Beteiligungs AG ein rund 5700 Quadratmeter großes Grundstück samt Villa in Pörtschach um 7,5 Millionen Euro - viel zu billig wie Immobilienexperten meinen. Das Areal war zunächst von Hypo teurer erworben worden. Verkäufer war die Kärntner Hoteliersfamilie Miklautz, die jetzt ebenfalls Gesellschafter in Kulterers Agroeast ist.

Mittlerweile laufen auch in Kroatien und Serbien die Hypo-Ermittlungen auf Hochtouren. Dabei geht es laut serbischer Zeitung Politika um eine Neu-Belgrader Bausiedlung, deren ursprüngliche Baukosten von 150 auf 230 Mio. Euro angestiegen seien. Für die Immobilienplanung war die Blok 67 GmbH in der Klagenfurter Hypo-Zentrale zuständig.

Auch gegen den kroatischen Ex-Premier Ivo Sanader wird ermittelt. Er soll einem kroatischen Unternehmer einen Hypo-Kredit vermittelt und 409.039 Euro dafür kassiert haben. Sanader weist alles zurück. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.8.2010)