Standard: Herr Hörhan, würden Sie sich als reich bezeichnen? Steht der Aston Martin vor der Tür?
Hörhan: Der Aston Martin steht in der Garage. Ich würde jemanden als reich bezeichnen, der vernünftig mit Geld umgehen kann und aus den Erträgen seines Vermögens gut leben kann, ohne arbeiten zu müssen.
Standard: Das könnten Sie?
Hörhan: Ja.
Standard: Und Sie, Herr Minister?
Hundstorfer: Ich nicht, nein. Davon bin ich weit entfernt.
Standard: Würden Sie Herrn Hörhan gerne stärker zur Kasse bitten? Mit einer Vermögenssteuer?
Hundstorfer: Ich kenne die wahren Vermögenswerte des Herrn Hörhan nicht, nehme aber an, dass er nicht zu den klassisch Armen zählt. Uns geht es um eine soziale Symmetrie. Wie gehen wir mit Stiftungen um, mit Möglichkeiten diverser Finanzgestaltungen? Da gibt es Menschen, die haben gar keine Chance, Menschen, die haben halt ein Einkommen, das unterliegt der Lohnsteuer, und es gibt Menschen, die haben die Möglichkeit einer gewissen Disponierung. Wir sind der Meinung, dass wir diesen Personenkreis stärker heranziehen sollten.
Standard: Das wird in der SPÖ mit Leidenschaft diskutiert.
Hundstorfer: Klar. Wir sind ja die Partei, die für soziale Gerechtigkeit eintritt. Natürlich ist das ein Thema mit Leidenschaft. Wir wollen mit der ÖVP jedenfalls auch über eine Erhöhung der Stiftungssteuer reden.
Standard: Haben Sie Verständnis dafür, dass man Sie zur Kasse bitten will?
Hörhan: Nein! Das ist gar keine gute Idee. Wenn Sie Leistungserbringer und jene Leute, die ohnedies schon die meisten Steuern bezahlen, noch mehr schröpfen, ist das schlichtweg ungerecht. Ich bezahle wesentlich mehr Steuern als die meisten anderen Leute, und zwar auf allen Ebenen. Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer. Ich gehöre zu den besten Kunden des Finanzamts, und die will man noch mehr schröpfen. Die Ungerechtigkeit gibt es auf einer anderen Ebene auch noch: Jung gegen Alt. Soziale Gerechtigkeit würde bedeuten, dass Leute meiner Generation, und ich bin jetzt 34 und zahle sehr viel ins System ein, auch noch etwas herausbekommen. Ich fürchte, das wird nicht der Fall sein. Für jeden ÖBBler, der heute mit 55 in Pension geht, zahlen zwei Leute meines Alters ein. Nur wir selbst werden nichts bekommen.
Hundstorfer: Auch der Herr Hörhan wird noch etwas bekommen. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es für die heute 30- und 40-Jährigen weiterhin eine Pension geben wird. Es gibt ja schon seit vielen Jahren neue Spielregeln, seit der Pensionsreform 2003. Dass eine Generation vorher höhere Pensionen hatte, ja, das stimmt. Aber wir haben rechtzeitig gegengesteuert. Ich nehme an, Sie werden immer Höchstbemessungsgrundlage einzahlen, das wünsch ich Ihnen jedenfalls, na, da werden Sie eben eine entsprechende Pension bekommen.
Standard: Braucht man eine private Pensionsvorsorge?
Hundstorfer: Ich persönlich glaube: nein. Außer es will jemand noch irgendetwas zusätzlich zu dieser staatlichen Pension zur Verfügung haben.
Standard: Können Sie sich vorstellen, mit der staatlichen Pension das Auslangen zu finden?
Hörhan: Nein. Der Staat, wenn er gut wirtschaftet, wird in 30 Jahren bestenfalls noch eine gewisse Mindestsicherung sicherstellen können. Aber nur mit einer privaten Vorsorge und einem Vermögen wird man im Alter gut versorgt sein.
Standard: Sie legen sich schon Geld zur Seite?
Hörhan: Natürlich. Man kann Versicherungen abschließen oder in Immobilien investieren, das ist besser. Aber man muss etwas machen, wenn man den Kindern eine gute Ausbildung garantieren oder im Krankenhaus überhaupt noch behandelt werden will. In manchen europäischen Staaten gibt es bereits Studien, wie viel Pension sich der Staat erspart, weil das Gesundheitssystem so schlecht ist, dass die Leute früher sterben.
Hundstorfer: Seien Sie doch Optimist! Sie müssen doch sehen, dass wir alles daran setzen, diese Absicherung durch den Staat zu garantieren. Es gibt Leute, die müssen mit der Pension auskommen, weil sie gar nicht die Möglichkeit haben, nebenbei noch Geld zu verdienen und sich etwas anzusparen. Aber es wird weiterhin die Grundabsicherung der Pension geben. Und man wird im Alltag gut leben können.
Standard: Gibt es etwas, wo Sie sich vorstellen können, etwas beizutragen, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu überbrücken?
Hörhan: Ich setze mich dafür ein, dass Leute in ökonomischen Fragen ausgebildet werden, dass sie auch selbst entscheiden können und wissen, wie sie für ihre Gesundheit, für ihre Kinder und ihre Eltern vorsorgen können. Auf den Staat können wir uns nicht verlassen, da bin ich zu sehr Realist.
Standard: Und was würden Sie freiwillig geben?
Hörhan: Man sollte steuerlich auf der ökologischen Seite etwas tun. Ich bin ein begeisterter Autofahrer, und ich fahre gern schnell. Trotzdem würde ich sagen: Erhöhen Sie den Benzinpreis. Und von mir aus führen Sie eine Vignette fürs Schnellfahren ein, die kostet eben entsprechend. Dann zahle ich um einiges mehr.
Standard: Wird es eine Erhöhung der Mineralölsteuer geben?
Hundstorfer: Das hat die ÖVP vorgebracht, aber das ist nicht unser präferiertes Thema. Wir wollen an den Massensteuern nicht drehen.
Standard: Was ist Luxus für Sie?
Hundstorfer: So zu leben, dass ich nicht nachdenken muss, ob ich meinen täglichen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Standard: Als Politiker sind Sie aber hauptsächlich am Arbeiten.
Hundstorfer: Ja, den Luxus der Zeit habe ich nicht, aber mir macht die Arbeit sehr viel Spaß. Luxus im materiellen Bereich ist mir ehrlich gesagt fremd.
Standard: Was ist Luxus für Sie?
Hörhan: Vor allem die Freiheit, das zu tun, was mir Spaß macht, und Dinge zum Positiven bewegen zu können. Wie der Minister arbeite ich sehr gern. Es ist sicher so, dass ich nicht schlecht lebe und vielleicht einen Spleen habe und gerne schnelle Autos fahre. Aber ich versuche, immer am Boden zu bleiben.
Standard: Wie legen Sie Ihr Geld an? Bausparvertrag?
Hundstorfer: Traditionell: Bausparen und Lebensversicherung.
Hörhan: Ich halte von Lebensversicherungen wenig. Ich investiere in Immobilien mit entsprechend hoher Rendite, wie es sie in Deutschland gibt. Ich investiere auch in Aktien, die über einen langjährigen Schnitt Erfolg haben. Und wir haben direkte Firmenbeteiligungen.
Standard: Herr Minister, was ist das Teuerste, das Sie besitzen?
Hundstorfer: Ich besaß einmal ein schönes Grundstück in Stammersdorf - das gehört jetzt meiner Tochter.
Hörhan: Bei mir sind es vermutlich meine Immobilien in Deutschland und meine Firmenbeteiligungen. Was ich nütze, sind meine Sportautos.
Hundstorfer: Na jetzt raus damit, welche haben Sie denn?
Hörhan: Einen Audi RS6, den habe ich gebraucht gekauft, und einen Aston Martin, den habe ich aus einem Leasingeinzug gekauft.
Standard: Fast bieder.
Hörhan: Ja. Wie gesagt, meine Mission ist eher, dass man durch sein Vermögen die Freiheit hat, zu gestalten und sich seine Zeit frei einzuteilen. Ich verprasse nichts.
Standard: Sie bewegen sich beruflich fast schon in einem kriminellen Umfeld. Zwei bekannte Bankmanager sitzen in U-Haft. Haben Sie keine Angst, auf die schiefe Bahn zu kommen?
Hörhan: Was gefälschte Bankbilanzen betrifft, kann der Minister sicher besser Auskunft geben. Aber Sie haben es sehr erfolgreich geschafft, eine relativ marode Bank zu einem sehr hohen Preis an einen amerikanischen Hedgefonds zu verkaufen, dazu muss ich Ihnen gratulieren.
Hundstorfer: Danke.
Hörhan: Das Geschäft, das wir betreiben, ist etwas anders. Langfristig kann man als Unternehmer nur erfolgreich sein, wenn man ehrlich ist und sein Wort hält.
Hundstorfer: Themen wie Bilanzfälschung tun einer Bank nie gut.
Standard: Bei Wolfgang Kulterer steht sogar der Verdacht im Raum, er sei Mitglied einer kriminellen Vereinigung.
Hundstorfer: Ich bin froh, dass das Ganze einmal aufgearbeitet wird. Die Frage der kroatischen Connection der Hypo-Alpe Adria ist schon lange ein Thema. Es ist ein sehr komplexes Thema, und ich weiß, wovon ich rede. Bei der Bawag haben wir auch sehr lange gebraucht, bis die Ermittlungsbehörden wirklich hinter alle Dinge gekommen sind, die letztendlich zu dem Prozess und diesen Urteilen geführt haben - die immer noch nicht alle rechtskräftig sind. Das hat alles lange gebraucht, weil viele Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Der Ruf der Banken hat sicher massiv gelitten.
Standard: Nie wieder eine Bank, Herr Minister?
Hundstorfer: Nein, sicher nicht. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2010)