
Die Oppositionschefs Bucher, Glawischnig und Strache machen gegen die Regierung mobil - mit Sondersitzung und Misstrauen
Wien - Schluss mit der Sommerpause im Parlament. Die Chefs der drei Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ beschlossen einen gemeinsamen Antrag auf eine Sondersitzung einzubringen. Der Geschäftsordnung nach wäre der nächstmögliche Termin dann ab Mitte nächster Woche.
Der Grund für den Antrag ist die Entscheidung der SPÖ-ÖVP-Regierung, den Budgetplan für das Jahr 2011 dem Nationalrat erst am 1. Dezember vorzulegen. Das müsste, laut österreichischer Verfassung, allerdings bis spätestens 22. Oktober passieren. Die Opposition ortet hier einen "Verfassungsbruch" der Regierung, begangen mit dem Hintergedanken keine Wählergruppen bei den anstehenden Landtagswahlen zu verschrecken. Denn: In der Steiermark wird am 26. September gewählt, in Wien am 10. Oktober. Eine vorangehende Diskussion rund um mögliche Einsparungen könnte die Bevölkerung verärgern - und Wählerstimmen kosten.
Misstrauen gegen Pröll
SPÖ und ÖVP verstehen die an sie gerichteten Vorwürfe nicht. So beteuern beide Parteien, die zeitliche Verzögerung habe lediglich mit der momentanen schwierigen wirtschaftlichen Ausgangslage zu tun. Josef Cap, Klubobmann der SPÖ, sagte: "Wir entsprechen der Forderung der Opposition des Vorjahres, man möge die Wirtschaftsprognosen abwarten."
Weiters wurde wegen der verschobenen Budgetrede einstimmig ein Misstrauensantrag gegen Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll beschlossen. Die FPÖ will außerdem einen weiteren gegen Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann einbringen, die Grünen wollen abwarten und sehen die Hauptverantwortung bei Pröll aufgrund seiner Funktion als Finanzminister. "Ich erwarte, dass Faymann in der Parlamentssitzung erscheint und erklärt, wieso er Pröll bei dessen Verfassungsbruch deckt", sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig.
Unabhängig voneinander bereiten alle drei Parteien einen Untersuchungsausschuss zu den Politaffären vor. Ob man anschließend einen gemeinsamen Antrag stellen wird, ist jedoch unklar. Bisher legt jede Partei den Schwerpunkt auf unterschiedliche Causen.
ÖVP für Verfassungsänderung
Die ÖVP kann sich hinsichtlich der Präsentation des Budgets im Übrigen eine Verfassungsänderung vorstellen. "Es wäre sinnvoll, Gründe für eine Verschiebung anzuführen, die akzeptabel sind", sagte Kopf zum Radiosender Ö1. Josef Cap sieht jedoch keine Notwendigkeit, die Verfassung deshalb umzuschreiben. Kritik an dem Vorschlag kommt von der Opposition. Werner Kogler, stellvertretender Klubobmann der Grünen, sieht die "ÖVP-Spitze auf dem Berlusconi-Trip: Sie will die Verfassungsgesetze ändern, um das eigene Versagen im Nachhinein zu legitimieren." Ebenfalls eine Absage gibt es von BZÖ und FPÖ. "Unverschämter geht's wirklich nimmer", findet Parteichef Heinz-Christian Strache. SPÖ und ÖVP würden "wirklich mit jedem Tag frecher agieren".
Die drei Parteien verfügen gemeinsam über ein Drittel der Abgeordneten und können so beliebig viele Sondersitzungen einberufen und auch Verfassungsgesetze blockieren.(Saskia Jungnikl, DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2010)