Salzburg - "Es war wie in einem schlechten Horrorfilm", sagt Verteidiger Kurt Jelinek: Die Tennengauer Familie G. sitzt an einem Samstagabend im November 2009 nichtsahnend vor dem Fernseher. Plötzlich verändert der 25-jährige Sohn der Familie, Manuel, seinen Blick, steht auf, schreit "Ich bin der Teufel, ich bin ein Massenmörder!" und springt durch das geschlossene Wohnzimmerfenster im ersten Stock in die Tiefe.

Es ist ein psychotischer Schub. Manuel hat Glück im Unglück, er verletzt sich bei dem Sturz nicht. Seine Eltern und sein jüngerer Bruder versuchen ihn zu bändigen. Nach eineinhalb Stunden reichen ihre Kräfte nicht mehr. Man beschließt, Manuel mit Schals und Gurten am Bett festzubinden.

Langzeitschäden waren nicht auszuschließen

Am Mittwoch standen Manuels Eltern und sein Bruder in Salzburg vor Gericht. Zur Last gelegt wurde ihnen das Verbrechen der Freiheitsentziehung. Der Grund: Die G.s haben es verabsäumt, Hilfe zu holen. Manuel blieb von Samstagabend bis Donnerstagfrüh gefesselt. Erst als er ein paar Wochen später nach einem neuerlichen Anfall in die Landesnervenklinik kam, fielen die tiefen Fleischwunden an seinen Handgelenken und die Verletzungen an Armen und Füßen auf. Als Manuel in der Gerichtsmedizin untersucht wurde, hatte er Lähmungserscheinungen an den Armen. Langzeitschäden waren damals nicht auszuschließen.

Angstzustände

Schon während der Schulzeit war Manuel wegen Angstzuständen in der Nervenklinik gewesen. "Der Aufenthalt in der Klinik war für ihn so schlimm", sagte seine Mutter am Mittwoch unter Tränen. Das habe man ihm ersparen wollen, unter allen Umständen.

Manuels Eltern fassten 18 Monate bedingte Haft aus, sein Bruder zwölf Monate bedingt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Inzwischen geht es Manuel wieder besser, bleibende Schäden trug er nicht davon. Die G.s machen eine Familientherapie. (pehe, DER STANDARD Printausgabe 19.8.2010)