Salzburg - Es wurde nicht lange gefuchtelt. Regisseur Matthias Hartmann trieb sein erstklassiges Phädra-Ensemble bei der Premiere der Salzburger Festspiele gestern, Mittwochabend, mit raschem Tempo in die Zielgerade. Und es war am Ende nach eineinhalb Stunden nicht ganz klar, ob dieser Parcours aus hochgeschraubtem Pathos einerseits und ins Komische kippenden Deklamationen andererseits am Ende eine Tragödie beschrieb oder doch - zumindest auf weiten Strecken - eine edle Ehe-Farce.

Sunnyi Melles ist als die sich vor Liebes- und zugleich Schuldgefühl verzehrende Titelheldin das emotionale Zentrum des Abends: Die Gattin des totgeglaubten Athener Königs Theseus (statisch-sachlich: Paulus Manker), hat sich Hals über Kopf in dessen Sohn aus erster Ehe, Hippolytos (jugendlich-tollpatschig: Philipp Hauß) verliebt. Ein Vergehen, dessen Dimension sich fatal auswächst, als der Ehemann, kaum ist diese Liebe kundgetan, überraschend wiederkehrt. Geriet der Versuch Phädras, ihren Stiefsohn Hippolytos nach dem Liebesgeständnis auch gleich zu vernaschen, zur famos komischen, slapstickhaften Pointe, so war dann die Kurve in Richtung zwingend ernsthafter, fataler Entwicklungen kaum mehr zu kriegen.

Die abstrakte Bühne von Johannes Schütz (auch Kostüme in zeitlosem Schwarz und Weiß) markiert in aller Schlichtheit als ganzflächige und von den Akteuren selbst bewegte Schwingtür die wechselnden Schauplätze der Unterredungen im griechischen Herrscherhaus. Fragwürdig bleibt das hier deutlich gezeichnete Bild der Frau als einigermaßen hysterische, ihren Gefühlen zur Gänze erliegende Geschöpf. Am 8. September eröffnet die Inszenierung, eine Koproduktion mit dem Burgtheater, die Saison im Akademietheater.  (Margarete Affenzeller/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.8.2010)