Was auch immer die SPÖ derzeit an Vorschlägen in der Debatte um das Budget vorbringt, die ÖVP reagiert darauf, indem sie auf die ÖBB einprügelt. Das ist nicht sonderlich kreativ, in manchen Punkten aber tatsächlich zutreffend, in anderen schlichtweg dumm.
Dumm ist die Forderung, die ÖBB in der geplanten Transparenzdatenbank abzubilden. Das ist billige Effekthascherei. Hätte die ÖVP das gewollt, sie hätte es in den Verhandlungen mit der SPÖ vorbringen können. Aber wozu auch: Die Regierung und hoffentlich auch ihr Finanzminister, der zugleich Chef der Volkspartei ist, wissen hoffentlich, was sie an die ÖBB zahlen, da brauchen sie keine Transparenzdatenbank, um dann dort nachschauen zu können. Die ÖBB-Bilanz ist bekannt, die Zahlungen des Bundes sind es auch.
Fest steht: Die Bahn ist teuer. Ob sie auch gut ist, sei dahingestellt. Die jährlichen Subventionen sind beängstigend hoch - und werden immer höher. 2009 überwies der Bund 1,9 Milliarden Euro an "Leistungsabgeltung" an die Bahn - und da sind die Aufwendungen für die ÖBB-Pensionen noch nicht einmal enthalten.
Es ist klar, dass der Bund den öffentlichen Nahverkehr subventionieren muss. Es ist Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass öffentliche Verkehrsmittel angeboten werden und funktionieren. Die Politik scheint sich allerdings auf das Geldüberweisen zu beschränken - und schiebt dann praktischerweise jegliche Verantwortung weit von sich.
Pro Jahr finanziert der Bund den Schienen-Personenverkehr mit einer halben Milliarde Euro. Die eingesetzten Mittel haben sich in den vergangenen zehn Jahren um etwa 20 Prozent erhöht, stellt der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht fest. Und, ganz kurz gesagt: Das Verkehrsministerium kümmert sich nicht darum, was mit dem Geld passiert. Das Ministerium "nutzte seine Möglichkeiten, als Geldgeber steuernd auf Umfang und Qualität des Bahnangebots einzuwirken, nur in geringem Maße" , heißt es beim Rechnungshof.
Möglichkeiten zum Sparen gebe es bei der ÖBB genügend, da hat die ÖVP schon recht: Auch die Punkte, die sie anführt, sind nicht aus der Luft gegriffen: Pensionen, Managerposten oder die Gehaltsstruktur. Es sind die "wohlerworbenen Rechte" , die an die Realität herangeführt werden müssten.
Was den Vorstoß der ÖVP so unsympathisch macht, ist die Strapazierung des Feindbilds ÖBB, weil "rotes" Unternehmen, und der so augenfällige Versuch, von anderen Themen in einer notwendigen Debatte abzulenken: Österreich ist Europameister im Verteilen von Förderungen, kein anderes Land in der EU geht so großzügig mit seinen Mitteln um: 15,6 Milliarden Euro waren es 2008. Geld, das recht freihändig vergeben wird, und wo nicht darauf geschaut wird, was damit passiert und ob es überhaupt sinnvoll eingesetzt wird. Frei nach dem Motto: Ist ja nicht unser Geld.
Die Bahn ist ein Beispiel, die Ver-lustabdeckung bei den Spitälern ein anderes, das ebenfalls extrem teuer ist: Fast fünf Milliarden Euro fließen hier hinein. Auch da schaut die Politik weg.
Und selbstverständlich müsste man jene Bereiche verstärkt diskutieren, wo es der ÖVP wehtut und von denen sie so verbissen abzulenken versucht: die überbordenden Wirtschaftsförderungen und die unverschämten Agrarförderungen. Der Subventionsdschungel gehört dringend gerodet. Weil es eben doch unser Geld ist.(Michael Völker, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 20.8.2010)