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Werden jetzt alle Reichen gut?
Bill Gates - der reichste Mann der Welt - hat gemeinsam mit seinen Milliardärskollegen Warren Buffett und David Rockefeller kürzlich eine Art Robin-Hood-Klub gegründet: Superreiche sollen öffentlich schwören, die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden - oder sich schämen. 40 Klubmitglieder sind schon dabei. Alle in der Milliarden-Dollar-Liga. So wächst als Kontrapunkt zur Forbes-Liste der Superreichen die Slate-Liste der Super-Spender - Philanthropen, wie sie genannt werden.
Werden jetzt alle Reichen gut? Ist der Output des Kapitalismus fürderhin das Gute? Ist uns das liebste Feindbild endgültig geraubt? Keine Angst, sagt Standard-Redakteur und Kolumnist Helmut Spudich: Für jeden wohltätigen Reichen, über den er in seinem neuen Buch Reich & gut - wie Bill Gates & Co. die Welt retten (Ueberreuter 2010) erzählt, fänden sich mühelos zehn oder mehr, die ihr Geld mit fragwürdigen Methoden zusammengerafft haben und mit diesem Vermögen kaum oder keinen Nutzen für die Gesellschaft stiften.
Aber: Sichtbar und wirksam ist die Figur von Unternehmern, die mit kapitalistischen Methoden Wohltätigkeit betreiben, sozial innovativ wirken - ein weiteres Konzept des Kapitalismus, das Fuß fasst. Von Mikrokredit-Nobelpreisträger Muhammad Yunus bis etwa Wanda Moser-Heindl, die das Vermögen ihrer eigennützigen "Unruhe Privatstiftung" in Österreich für die Förderung sozialer Innovation ausgibt. Der Sozialpreis "Sozialmarie" ist ihre bekannteste Initiative.
Initiative in Österreich
Jetzt startet ein "Sechser-Kreis" in Österreich eine Art Klub-Initiative wie bei Gates & Co: Gemeinsam mit Martin Essl, der mit seiner Essl Foundation etwa den mit einer Million Euro dotierten Essl Social Price auslobt, der Stiftung der Erste Bank, die ein Viertel des Aktienkapitals der Gruppe hält und 2009 rund 29 Mio. Euro in soziale und gesellschaftliche Innovation investiert hat, und der Turnauer Stiftung, appelliert Moser-Heindl am kommenden Montag im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche an die Stifterkollegen, auch philanthropisch tätig zu werden. Soziales, Bildung, Kunst, Kultur und Wissenschaft sind die Dimensionen, in denen die sechs ihre Projekte vorstellen werden und Ideen plus Geld en gros für mehr Hebelwirkung zusammenbringen wollen. "Nicht nur einmalige Spenden" , wie Moser-Heindl betont.
Bis jetzt werden die über 3000 Stiftungen in Österreich mit ihren geschätzten 60 Mrd. Euro Volumen ja kaum mit gutem Kapitalismus assoziiert, eher mit Steuerprivilegien und einer Art Umverteilung nach oben. Möglich, dass die sechs nun erreichen, dass Stiftungen als zivilgesellschaftliche Akteure gesehen werden, sich eine Haltung à la "Reichtum verpflichtet" auch hierzulande festigt. Einer Studie am Non-Profit-Institut der WU (Hannah Schneider, Reinhard Millner) zufolge wäre der Hebel groß. Die Datenlage ist dürftig, aber wenn im Zuge der Stiftungsbesteuerung von einer Milliarde geredet wird, die in Österreich für den Fiskus zu holen wäre, dann lässt sich über das philanthropische Potenzial schon gut in großen Dimensionen spekulieren. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.8.2010)