München - Photosynthese ist der am weitesten verbreitete natürliche Prozess zum Einbringen externer Energie in den irdischen Nahrungskreislauf. Schlüsselmoleküle im photosynthetischen Apparat der Pflanzen, Algen und bestimmter Bakterien sind einige grüne Farbstoffe, die Chlorophylle. Diese Moleküle übernehmen eine Vielzahl von Funktionen in der Photosynthese, darunter die Absorption des Lichts, den Energietransfer und den Elektronentransfer. Ein internationales Forscherteam um die australische Botanikerin Professor Min Chen hat nun ein neues Chlorophyll-Molekül nachgewiesen, das besonders langwelliges Licht im nahen Infrarotbereich absorbieren kann.

"Unsere Überlegung war, dass in dichten Algenmatten die zuoberst lebenden Organismen so viel Sonnenstrahlung abfangen, dass für unten liegende Schichten im sichtbaren Bereich nichts bleibt und ein hoher Selektionsdruck zur Nutzung des durchgelassenen Infrarotlichts besteht", erklärt der an der Studie beteiligte deutsche Forscher Hugo Scheer. "In Stromatolithen, australischen Algenmatten, die zu den ältesten bekannten biologischen Gemeinschaften gehören, konnten wir jetzt tatsächlich Organismen mit einem neuen Chlorophyll-Molekül nachweisen." Dieses "Chlorophyll f" kann langwelligere Strahlung als die anderen vier bekannten Chlorophylle der oxigenen (also Sauerstoff-produzierenden) Photosynthese absorbieren. Es ist das erste seit mehr als 60 Jahren neu entdeckte Molekül diese Art. 

Die Erkenntnisse könnten helfen, weitere spektrale Änderungen an Chlorophyllen durchzuführen, um deren Funktion zu verändern. "Auch technische Anlagen, die Licht als Energiequelle nutzen, könnten unter Ausnutzung dieser Prinzipien einen größeren Wirkungsgrad bekommen", sagt Scheer. "Dann gibt es aber auch noch medizinische Ansätze. Bei der photodynamischen Therapie von Krebs sammeln sich lichtempfindliche Medikamente im Tumor an. Durch gezielte Bestrahlung mit Licht werden sie von außen aktiviert. Im nahen Infrarotbereich absorbierende Chlorophylle sind hier besonders interessant, weil Strahlung in diesem Spektralbereich besonders tief in Gewebe eindringen kann." (red)