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Erst 3-D-TVs, jetzt 3-D-Camcorder, dann 3-D-Fotokameras und Spielekonsolen - die Elektronikkonzerne drängen ihren Kunden eine 3-D-Ära auf. Ein einwöchiger Test von Panasonics HDC-SDT750, dem weltweit ersten 3-D-Camcorder für Amateure, zeigt, dass der Beginn des neuen Zeitalters noch etwas holprig ist.

3-D-Konverter

An der Kamera liegt es nicht. Das 375 Gramm leichte Gerät liegt ebenso wie seine zweidimensionalen Vorfahren gewohnt in der Hand. Aber bevor das Gerät hochauflösende dreidimensionale Bilder aufzeichnen kann, muss der Nutzer einen 3-D-Konverter aufs Objektiv schrauben - er ist fast so groß wie der Camcorder selbst. Durch seine zwei kleinen Linsenaugen projiziert der Vorsatz zwei leicht versetzte Bilder nebeneinander auf die Bildsensoren. An einen 3-D-Fernseher angeschlossen gibt dies die dreidimensionale Filmschau.

Den 3-D-Vorsatz einmal aufgesteckt, stellt der Filmer erst einmal fest, dass viele Funktionen der soliden 2-D-Kamera im 3-D-Modus nicht mehr funktionieren: das Fotografieren während des Filmens oder das Zoomen, das nur das zehnmal so teure Profimodell AG-3DA1 beherrscht. 32 Einschränkungen der 2-D-Funktionen führt die Bedienungsanleitung an.

Nostalgie

Filmemacher, die noch richtige "Film"-Kameras kennen, überkommt ein Hauch Nostalgie: Vor der Aufnahme ist doch wirklich noch Handarbeit notwendig. Mithilfe dreier Rädchen müssen die Konverter-Linsen manuell kalibriert werden, sodass es zwischen den zwei projizierten Bildern keinen Versatz gibt, der den 3-D-Effekt stören würde. Und wie einst bei Filmkameras kann man das Ergebnis der Arbeit nicht sofort sehen, sondern erst später - am heimischen 3-D-TV. Denn der Touchscreen der Kamera zeigt die Bilder nur in 2-D.

Aber für all den Verzicht soll das räumliche Bild entschädigen. Vorweg bemerkt: Es klappt - mit Einschränkungen. Nachdem die Kamera entweder mit HDMI-Kabel mit dem 3-D-TV verbunden ist und die Zuschauer sich die notwendigen 3-D-Shutter-Brillen aufgesetzt haben, gaukelt einem das Gehirn eine dreidimensionale Weltsicht vor. Menschen bei der Eröffnung einer Fotoausstellung im Schummerlicht, Blumen in den Parks im Sonnenschein: zum Greifen nah.

Scherenschritt

Hin und wieder tritt jedoch das Scherenschnitt-Phänomen auf: Weil die Kamera nicht immer ausreichende 3-D-Informationen aus Menschen oder Objekten ablesen kann, scheinen Motive manchmal flach wie Scherenschnitte räumlich gestaffelt im Bild zu stehen. Bei 3-D-Spiel- und Trickfilmen können Großcomputer den störenden Effekt wegrechnen, der Heimmarkt muss damit leben.

Vor allem bestätigt der Test die Erkenntnis von Avatar-Regisseur James Cameron, dass 3-D eine neue Bildersprache erfordert. Das 3-D-Bild will episch fließen wie das richtige Leben. Die Zutaten moderner Actionfilme - schnelle Schwenks, wacklige Kamerafahrten, rasante Schnitte sowie Nahaufnahmen überfordern mit immer neuen räumlichen Darstellungen das Gehirn und verursachen brennende Augen, Kopfschmerz oder gar 3-D-Sehkrankheit. Die besten 3-D-Effekte erhascht Panasonics Erstling zwischen 1,20 und vier Metern Abstand zur Kamera. Fazit: In 2-D macht die Kamera Spaß. Die 3-D-Funktion ist allerdings wegen der Beschränkungen und zusätzlichen Kosten für 3-D-TV vorerst noch Spielzeug für Pioniere. (Ab Mitte September um ca. 1400 Euro im Handel) (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD Printausgabe 21. August 2010)