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US-Soldaten transportieren einen bei den Gefechten verletzten Kameraden zu einem Rettungshubschrauber.

Foto: Reuters/Bob Strong

Kabul - Vier Wochen vor der Parlamentswahl in Afghanistan hat die Gewalt das Land weiter fest im Griff. Von Freitag bis Sonntag wurden bei Anschlägen und Angriffen rund 100 Menschen getötet, darunter neun Zivilisten und vier US-Soldaten. Allein 25 Menschen starben Behördenangaben bei einem Taliban-Angriff auf einen Bautrupp in der südafghanischen Provinz Helmand. Bei anschließenden Gefechten kamen Behördenangaben 50 Taliban ums Leben. Zwei NATO-Militäreinsätze kosteten nach Angaben der Schutztruppe ISAF drei Zivilpersonen und drei afghanischen Polizisten das Leben.

Die Zivilpersonen, eine Frau und zwei Kinder, kamen bei einem Einsatz der ISAF und afghanischer Soldaten gegen einen mutmaßlichen Waffenschmuggler am Freitag in der westlichen Provinz Farah ums Leben. Ihre Leichen seien in den Trümmern eines aus der Luft beschossenen Fahrzeugs gefunden worden, sagte ISAF-Sprecher Rafael Torres. Die Polizisten fielen einem Luftangriff in Nordafghanistan zum Opfer.

Straßenbautrupp mit Raketen und Maschinengewehren attackiert

Der Straßenbautrupp in Helmand wurde von den Taliban mit Raketen und Maschinengewehren attackiert, berichtete das Bauunternehmen am Freitagabend. "25 meiner Arbeiter wurden getötet", sagte Aqa Jan. Ein Polizeivertreter sprach sogar von 30 Toten und 17 Verletzten durch den Angriff. Die Angreifer hätten zwölf Geländewagen in ihren Besitz gebracht. Bei den anschließenden Gefechten, die mindestens 13 Stunden dauerten, seien dann rund 50 Taliban ums Leben gekommen, sagte Regierungssprecher Daud Ahmadi.

Fünf weitere Zivilpersonen kamen nach ISAF-Angaben am Samstag bei einem von Aufständischen verübten Bombenanschlag in Nordafghanistan ums Leben, ein weiterer starb bei der Explosion einer Mine in der Provinz Herat. In einer Polizeiwache in der südlichen Provinz Helmand wurden sechs Beamte tot aufgefunden, wie die Provinzregierung mitteilte. In Herat griffen Aufständische laut Polizei den Konvoi eines Politikers an, der bei der Parlamentswahl am 18. September kandidieren will, und erschossen seinen Bruder.

In Ostafghanistan wurden am Sonntag zwei US-Soldaten von Aufständischen getötet, wie die Streitkräfte mitteilten. Zwei weitere kamen am Freitag und Samstag bei Anschlägen im Süden des Landes ums Leben. Bei einem Bei einem Feuergefecht in Helmand wurde zudem ein britischer Soldat getötet.

Deutscher Verteidigungsminister: Drastisch verschärften Sicherheitslage im Norden

Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sprach von einer drastisch verschärften Sicherheitslage im bisher vergleichsweise ruhigen Norden Afghanistans, in dem deutsche Soldaten stationiert sind. Dies gelte für den Einsatzraum Kunduz und die südlich davon gelegene Region Baghlan, sagte Guttenberg am Sonntag in Berlin. Allerdings habe sich in anderen Gebieten auch eine deutliche Verbesserung der Lage ergeben, sagte der CSU-Politiker. Die Bundeswehr ist mit ihren rund 4000 Soldaten vor allem im Norden des Landes stationiert. Die radikal-islamischen Taliban haben ihre Präsenz in dieser Region in den vergangenen Monaten ausgebaut.

Der Regionalkommandeur der Internationalen Schutztruppe ISAF in Nordafghanistan, der deutsche Generalmajor Hans-Werner Fritz, teilte Guttenbergs kritische Einschätzung. "Die Sicherheitslage im Norden ist über die letzten Monate nicht besser geworden, sondern angespannter", sagte Fritz der Zeitung "Welt am Sonntag". Er sehe den Einsatz "an einer Art Kulminationspunkt" angelangt. Einer der Gründe sei das Ende der Erntezeit, weswegen die Taliban "wieder mehr Helfer für Handlangerdienste rekrutieren" können.

Beisetzung getöteter ausländischer Helfer in Kabul

Rund zwei Wochen nach der Ermordung von acht ausländischen Helfern wurden am Samstag zwei der Opfer in Kabul beigesetzt. Die US-Bürger Tom Little und Dan Terry wurden am Samstag im Kreise ihrer Familien und im Beisein des US-Botschafters Karl Eikenberry auf dem britischen Friedhof in der afghanischen Hauptstadt beerdigt. Die Helfer waren für die christliche Organisation International Assistance Mission (IAM) in Afghanistan tätig, die seit über vier Jahrzehnten am Hindukusch arbeitet.

Die acht ausländischen Helfer - darunter eine 35-jährige Deutsche, eine Britin und sechs US-Bürger - waren am 6. August gemeinsam mit zwei Afghanen in einer entlegenen Gegend im Nordosten des Landes tot aufgefunden worden. Die beiden 61 und 63 Jahre alten in Kabul beigesetzten US-Bürger hatten sich seit mehr als 30 Jahren in Afghanistan engagiert. Einer der beiden Männer bildete den ehemaligen afghanischen Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah als Augenchirurg aus. Zu der Bluttat hatten sich zunächst die Islamistenorganisation Hisb-e-Islami und die Taliban bekannt, später wies ein örtlicher Taliban-Sprecher die Verantwortung zurück. (APA/apn/Reuters)