Washington/Berlin/Dubai - Die Ankündigung der ersten direkten Nahostgespräche seit knapp zwei Jahren findet international ein weitgehend positives Echo, während in der arabischen Welt eher Skepsis vorherrscht. Washington und das aus USA, Russland, der EU und den Vereinten Nationen bestehende Nahost-Quartett luden Israel und die Palästinenser dazu für den 2. September in die US-Hauptstadt ein. Die Konfliktparteien sagten zu.

In der arabischen Welt hielt sich die Begeisterung über die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche dagegen in Grenzen. Die zwei quotenstarken Nachrichtensender der Region - Al Jazeera und Al Arabiya - setzten am Samstag ein anderes Thema auf Platz Eins: Die Eröffnung des ersten iranischen Atomkraftwerkes. Die Arabische Liga hatte die Palästinenser in den vergangenen Monaten mehrfach davor gewarnt, sich auf eine neue Verhandlungsrunde einzulassen, ohne dass Israel die Rückgabe der 1967 besetzten Gebiete zusichert.

Gespräche ohne Vorbedingungen

Der israelische Premier Benjamin Netanyahu betonte, die Gespräche sollten ohne Vorbedingungen geführt werden. "Den Frieden zu erreichen ist eine schwierige Herausforderung, aber es ist möglich", sagte er. "Wir gehen in die Gespräche mit dem Willen, ein Friedensabkommen zwischen beiden Völkern zu erzielen und zugleich Israels nationale Interessen und vor allem seine Sicherheit zu schützen." 

Der israelische Rundfunk berichtete, Israel werde auf die Bildung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates drängen und auf einem Armeeposten an der Grenze zwischen dem Westjordanland und Jordanien bestehen. Zudem werde Israel das Versprechen der Palästinenser einfordern, keine Verteidigungsabkommen mit anti-israelisch eingestellten Staaten abzuschließen.

Die Palästinenser, der jordanische König Abdullah II. und der ägyptische Präsident Hosni Mubarak akzeptierten die Einladung ebenfalls. Ein Sprecher der Palästinensischen Befreiungsorganisation sagte nach einem Treffen des Exekutivkomitees am späten Freitagabend in Ramallah im Westjordanland, die PLO sei zu direkten Gesprächen bereit, um alle anstehenden Fragen zu lösen.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat betonte, die Palästinenser könnten die Gespräche jedoch nicht fortsetzen, falls die Israelis nach dem 26. September ihre Bautätigkeit im Westjordanland fortsetzten. An diesem Tag läuft ein einseitiger Baustopp Israels im Westjordanland aus. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas stimmte den direkten Gesprächen mit Israel erst nach massivem internationalen Druck zu. Kritiker warfen ihm vor, umgefallen zu sein. Schließlich habe er weder seine Forderung nach einem Siedlungsstopp noch jene nach einer klaren Tagesordnung für die Gespräche durchsetzen können.

Die radikalislamische Hamas wies die Friedensinitiative kategorisch zurück. Dies sei ein neuer Versuch, "unser Volk zu täuschen", sagte ein Sprecher der Bewegung, die den Gazastreifen kontrolliert. Die Einladung sei "nutzlos und wird uns wieder zum Nullpunkt zurückführen, ohne ein Ergebnis zu bringen".

Europäische Staaten reagierten positiv. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel rief am Samstag beide Seiten dringend dazu auf, die Verhandlungen "in aller Ernsthaftigkeit zu führen und innerhalb des gesetzten Rahmens von einem Jahr zu beenden". Mögliche Lösungen seien bereits in früheren Gesprächen erarbeitet worden. In einer Erklärung betonte der französische Präsident Nicolas Sarkozy, er habe bei seinen Kontakten mit Netanyahu und den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas beide stets zum Dialog gedrängt. Der italienische Außenminister Franco Frattini sprach von einer außerordentlich positiven Entwicklung. "Die italienische Regierung wird jede mögliche Unterstützung geben", sagte Frattini in Rom.

Den direkten Gesprächen sollen am 1. September bilaterale Gespräche Obamas mit Abbas, Netanyahu, dem jordanischen König und Mubarak vorausgehen. Am Abend ist ein gemeinsames Dinner geplant.

Nach der Erklärung des Quartetts sollen alle endgültigen Status-Fragen gelöst werden. Hauptstreitpunkte in den Nahost-Verhandlungen sind die Grenzen eines künftigen Palästinenserstaates sowie Sicherheitsgarantien für Israel. Die beiden schwierigsten und emotionalsten Verhandlungspunkte betreffen das Schicksal von rund 4,8 Millionen registrierten palästinensischen Flüchtlingen sowie die Zukunft Jerusalems. Die Palästinenser wollen in dem von Israel besetzten arabischen Ostteil Jerusalems die Hauptstadt ihres eigenen Staates ausrufen. Israel und die Palästinenser hatten zuletzt Ende 2008 vor Beginn des Gaza-Krieges direkte Verhandlungen geführt. (APA/dpa/Reuters)