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Evakuierung eines Roma-Quartiers im französischen Saint Martin d’Hères: Paris setzt seine umstrittene Politik der "freiwilligen"  Rückreise von Roma in ihre Heimatländer fort.

Foto: APA/EPA/Greiner

Italien befürwortet die Abschiebung von Roma-Immigranten aus Frankreich. "Wir begrüßen, dass Präsident Sarkozy unserem Vorbild folgt und Roma in ihre Herkunftsländer zurückbringt" , erklärte Innenminister Roberto Maroni. Mit der Praxis der "freiwilligen Rückführungen" gegen Bezahlung einer gewissen Summe habe Roms Bürgermeister Walter Veltroni bereits 1997 begonnen, ohne dass es dagegen nennenswerte Einwände gegeben habe. "Zum Unterschied von Frankreich verfügt bei uns ein Großteil der Roma über die italienische Staatsbürgerschaft und ist daher vor Abschiebung geschützt" , sagte Maroni, der in Brüssel nun das Recht durchsetzen will, auch andere EU-Bürger abzuschieben.

"Die EU hat bisher unsere Forderung abgelehnt, aber wir werden am 6. September beim Treffen der Innenminister in Paris einen neuen Anlauf unternehmen" , kündigte der Lega-Minister an. "Das gilt natürlich nur für jene, die gegen entsprechende EU-Richtlinien verstoßen. Wir wollen etwa jene in ihre Heimatländer abschieben, die nicht über das lebensnotwendige Mindesteinkommen verfügen, keinen Wohnsitz nachweisen können und zu Lasten unseres Sozialsystems leben." Kritik wies Maroni zurück: "Wenn Spaniens Regierungschef Zapatero drastische Maßnahmen gegen die illegale Immigration ergreift, herrscht Schweigen. Wenn ein Lega-Minister dasselbe fordert, hagelt es Proteste der Linken, der Kirche und Sozialverbände."

Die italienische Bischofskonferenz kritisiert Maronis Vorstoß scharf. Italien könne nicht einfach aus der EU ausscheren und internationales Recht ignorieren. "Wir befürchten einen Dominoeffekt, vor allem in osteuropäischen Ländern wie Ungarn und der Slowakei, wo die Stimmungsmache gegen die Roma bereits besorgniserregende Ausmaße erreicht hat", erklärte Monsignore Giancarlo Perego von der Migranten-Stiftung der Bischofskonferenz. Es handle sich um "rein demagogische und populistische Maßnahmen, um von den eigentlichen Ursachen der Wirtschaftskrise abzulenken". Erzbischof Agostino Marchetto, Sekretär des Päpstlichen Rates für Migranten, warnte davor, die Roma zu "Sündenböcken" zu machen. Die Abschiebungen seien "die unzulässige Diskriminierung einer ganzen Bevölkerungsgruppe, um deren Integration sich die Länder nicht gekümmert" hätten. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 23.8.2010)