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Foto: REUTERS/Tyrone Siu

Die chinesische Führung denkt laut über die Abschaffung der Todesstrafe für Wirtschaftsverbrechen nach: Es gebe den Vorschlag, 13 "wirtschftsbezogene, nicht-gewalttätige" Verbrechen von der Liste der insgesamt 68 Straftaten zu streichen, bei denen die Todesstrafe verhängt werden könne, berichtete am Montag die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Ein Zeitplan für die Reform wurde nicht genannt.

Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist auch jenes mit den meisten Hinrichtungen. Seit Gründung der Volksrepublik im Jahr 1949 wendet China die Todesstrafe in extensivem Ausmaß an. Jedes Jahr werden in China mehr Menschen hingerichtet als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. Nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) sind im vergangenen Jahr in China etwa 70 Prozent aller Todesurteile weltweit vollstreckt worden. Für das Jahr 2009 zählt AI 1.718 Exekutionen, die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen. China selbst schweigt zur Todesstrafe, Zahlen dazu werden wie Staatsgeheimnisse behandelt.

Giftspritze und Kopfschuss

Erschießen und tödliche Injektion sind die gängisten Hinrichtungsformen, wobei die Giftspritze den Kopfschuss weitgehend ersetzt hat. Bei Jugendlichen und Schwangeren gibt es Einschränkungen. Todesurteile ergehen sowohl wegen Drogendelikten und Gewaltverbrechen als bisher auch wegen Straftaten ohne Gewalteinwirkung wie Steuerhinterziehung und Zuhälterei. Nach langjährigen internationalen Protesten prüft die Pekinger Regierung auch eine obere Altersgrenze für die Todesstrafe: Über 70-Jährige sollen nicht mehr zum Tod verurteilt werde können, meldete die englischsprachige Tageszeitung "China Daily" Ende Juli.

Auch Ausländer entgehen der Todesstrafe nicht: Erst im vergangenen Dezember wurde ein psychisch kranker Brite trotz internationaler Proteste und Appelle wegen Drogenhandels per Giftspritze exekutiert.

2009: 714 Hinrichtungen in 18 Ländern

In ihrem Jahrebericht von 2009 hat AI mindestens 714 Hinrichtungen in 18 Ländern festgestellt, wobei die Zahlen zur Volksrepublik fehlen. Aus Protest gegen die Informationspolitik führt Amnesty China erstmals nicht in seiner jährlich vorgelegten Todesstrafenstatistik auf. Im vergangenen Jahr hatte Amnesty dem Land vorgeworfen, für mindestens über 70 Prozent der weltweit dokumentierten 2.390 Hinrichtungen verantwortlich zu sein. Amnesty geht davon aus, dass auch im Jahre 2009 tausende Menschen in China hingerichtet wurden. Die Zahl der Staaten, die die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft haben, stieg 2009 mit Burundi auf 139.

Mehr als zwei Drittel aller Länder der Erde haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Obwohl im Jahr 2009 noch 58 Staaten an der Todesstrafe festhielten, verzichteten die meisten von ihnen auf ihre Anwendung. Mindestens 2000 Menschen wurden im vergangenen Jahr in 58 Staaten zum Tode verurteilt. Der Großteil der Hinrichtungen weltweit geht laut AI auf das Konto einer Handvoll Staaten: Neben China vollstreckten den Angaben nach im Jahr 2009 Iran mit 388, Irak mit 120, Saudi-Arabien mit 69 und die USA mit 52 die meisten Todesurteile. Iran und Saudi-Arabien richteten als einzige Länder auch minderjährige Straftäter hin. In Europa wendet nur noch Weißrussland die Todesstrafe an.

Zu den 2009 angewendeten Hinrichtungsmethoden gehörten Erhängen (Ägypten, Bangladesch, Botsuana, Irak, Iran, Japan, Malaysia, Nordkorea, Singapur, Sudan, Syrien), Erschießen (China, Jemen, Libyen, Syrien, Vietnam), Enthaupten (Saudi-Arabien), Steinigung (Iran), Elektrischer Stuhl (USA) sowie Giftinjektion (China, Thailand und USA). Im Nahen Osten und der Region Nordafrika wurden die höchsten Hinrichtungsraten der Welt verzeichnet. Irak vermeldete die höchste Zahl an Vollstreckungen bezogen auf die Zahl der Gesamtbevölkerung, gefolgt von Iran, Saudi-Arabien und Jemen. Im Jahr 2009 wurde nichts bekannt über Hinrichtungen in Afghanistan, Bahrain, Indonesien, der Mongolei, Pakistan, St. Kitts und Nevis, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Weißrussland, obschon alle diese Länder 2008 Exekutionen durchführten. Thailand wiederum richtete zum ersten Mal seit 2003 im August 2009 zwei Verurteilte hin. (red, derStandard.at, 23.8.2010)