Die Säuglinge sind gestorben, nachdem sie eine mit Bakterien verseuchte Infusion erhalten hatten.

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Mainz/Berlin- "Wo ist dieses Zeugs drin? Und wie kam es rein?" Mit diesen Worten beschrieb der leitende Mainzer Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth jene Fragen, die seine Behörde nach dem Tod von drei Babys im Mainzer Universitätsklinikum klären muss. Zwei Säuglinge waren am Samstag gestorben, eines am Montagabend.

Zuvor war ihnen und anderen neun kranken Kindern Flüssignahrung verabreicht worden. Später, bei einer Untersuchung, stellte sich heraus: Diese war mit Darmbakterien verseucht gewesen. Die meisten Darmbakterien sind für Gesunde nicht gefährlich, für Frühgeborene können sie jedoch lebensgefährlich sein. Fünf Kinder schwebten kurzzeitig in Lebensgefahr, vier von ihnen waren am Montag wieder in stabilem Gesundheitszustand, das fünfte überlebte nicht.

Nährlösung wird individuell abgestimmt

Unklar war am Montag noch, an welcher Stelle die Bakterien in die Flüssignahrung, die aus insgesamt neun Komponenten zusammengesetzt wird, gelangt sind. "Wir gehen nach einem standardisierten Verfahren vor. 90.000-mal ist das bisher ohne Verkeimung geschehen" , erklärt Norbert Pfeiffer, medizinischer Vorstand der Klinik. Die Nährlösung wird individuell auf die kleinen Patienten abgestimmt, sie enthält Eiweiße, Zucker und Mineralstoffe.

Oberstaatsanwalt Mieth geht eher davon aus, dass die Verunreinigung direkt an der Universitätsklinik passiert ist, nicht bei einem Hersteller der einzelnen Komponenten. Jener "Reinraum" , in dem die Lösung zusammengesetzt wird, ist laut Mieth die einzige Stelle, an der Mitarbeiter der Klinik direkt eingreifen können. Hier sind möglicherweise die Bakterien eingeschleppt worden.

Babys hatten Vorerkrankungen

Obwohl noch nicht klar ist, ob tatsächlich verunreinigte Schläuche die Ursache sind, hat die Klinik den gesamten Prozess umgestellt. Sie bezieht die Grundsubstanzen jetzt von anderen Firmen, auch die Geräte und das Personal wurden ausgetauscht.

Unklar war am Montag auch noch, ob es tatsächlich die Infusion war, die zum Tod der Kinder führte, da bei allen dreien schwere Vorerkrankungen bestanden hatten. Nach der Obduktion der Babys müssen noch die Erkenntnisse mikrobiologischer Untersuchungen der Frankfurter Gerichtsmedizin ausgewertet werden.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Moment "gegen unbekannt" - wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Darauf stehen Haftstrafen von drei bis fünf Jahren.

In einer Kölner Kinderklinik starben 1989 vier Frühchen, nachdem sie zuvor bakteriell verseuchte Flüssignahrung erhalten hatten. Sechs andere Säuglinge erkrankten, drei von ihnen blieben behindert. (bau, DER STANDARD-Printausgabe, 24.08.2010)